
Photovoltaik neu gedacht: So erzeugen Sie Solarstrom ohne Aufdachanlage
Nicht jedes Zuhause eignet sich für eine klassische Photovoltaikanlage auf dem Dach – sei es aus Platzgründen, wegen ungünstiger Ausrichtung oder baulicher Einschränkungen. In diesem Artikel stellen wir Ihnen die besten Optionen vor: von Balkonkraftwerken über Solar-Carports bis hin zu innovativen Solardachziegeln.

Immer mehr Haushalte wollen eigenen Solarstrom erzeugen, doch nicht jede:r hat ein geeignetes Hausdach für eine klassische Photovoltaikanlage. Vielleicht fehlt auch Ihnen die notwendige Fläche, die Ausrichtung Ihres Daches ist ungünstig oder die Installation ist schlicht nicht erlaubt, beispielsweise bei Mietobjekten oder denkmalgeschützten Gebäuden. Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche attraktive Alternativen zur Aufdachanlage – für Mieter:innen wie für Eigentümer:innen.
Gut zu wissen: Wer in Österreich eine Photovoltaikanlage errichten möchte, sei es als Solarcarport, mit Solardachziegeln oder als Anlage im eigenen Garten, muss bestimmte gesetzliche Vorgaben beachten. Diese können je nach Bundesland und Anlagenart unterschiedlich sein und richten sich sowohl nach österreichweiten als auch nach regionalen Bestimmungen. Am besten fragen Sie direkt bei Ihrer Gemeinde nach, worauf in Ihrem konkreten Fall zu achten ist.
Photovoltaik muss jedenfalls nicht nur aufs Dach: Es gibt viele clevere und schöne Möglichkeiten, die Sonne auf anderen Wegen ins eigene Haus zu holen.
Möglichkeiten für Solarstrom ohne Aufdachanlage
Ideal für: Wohnungen mit Balkonen oder Terrassen
Wenn Sie zur Miete wohnen oder eine Eigentumswohnung besitzen und über einen Balkon oder eine Terrasse verfügen, könnte ein sogenanntes Balkonkraftwerk genau das Richtige für Sie sein. Dabei handelt es sich um eine kleine Photovoltaikanlage mit ein oder zwei Modulen, die direkt am Balkongeländer befestigt oder auf einem Ständer auf der Terrasse aufgestellt werden können. Der erzeugte Strom wird über ein Kabel direkt in eine Steckdose eingespeist und fließt so ins Haushaltsnetz, wo er sofort verbraucht werden kann.
Balkonkraftwerke sind einfach zu installieren, vergleichsweise günstig und erfordern in der Regel keine handwerklichen Vorkenntnisse oder eine aufwendige Genehmigung. Die Stromerzeugung ist natürlich begrenzt – derzeit sind maximal 800 Watt erlaubt – doch bei geeigneter Ausrichtung und zeitlich zusammenpassendem Stromverbrauch reicht es aus, um den Grundverbrauch von Kühlschrank, Router oder Waschmaschine deutlich zu reduzieren. Zwar ersetzen sie keine vollwertige PV-Anlage, doch sie sind ein effektiver Einstieg in die private Stromproduktion – vor allem dort, wo größere Lösungen nicht möglich sind. Für Balkonkraftwerke bis 800 Watt genügt eine einfache Meldung an den Netzbetreiber, eine Genehmigung ist nicht erforderlich. Mehr Informationen zu Balkonkraftwerken finden Sie unter Die eigene Photovoltaikanlage auf dem Balkon.
Ideal für: Haushalte mit Garten oder großer Außenfläche
Auch ohne ein geeignetes Dach können Sie eine vollwertige Photovoltaikanlage betreiben, zum Beispiel in Form einer Freiflächenanlage im eigenen Garten. Dabei werden die Solarmodule auf Metallgestellen direkt auf dem Boden des Grundstücks montiert. Der große Vorteil dabei ist, dass die Module unabhängig vom Gebäude platziert werden können und nicht an die Geometrie oder Neigung des Hausdachs gebunden sind. Somit können Sie die Module so aufstellen, dass sie ideal ausgerichtet sind, zum Beispiel nach Süden oder Ost/West. In vielen Fällen erzielen Sie damit sogar einen höheren Stromertrag als mit einer suboptimal ausgerichteten Aufdachanlage.
Diese Lösung ist besonders interessant, wenn Ihr Dach entweder nicht belastbar genug ist oder durch Gauben, Fenster oder Schattenwürfe ungünstig gestaltet ist. Allerdings benötigen Sie dafür natürlich ausreichend freie Fläche auf dem Grundstück. Je nach Größe der Anlage und Region kann auch eine Baugenehmigung erforderlich sein. Zudem müssen die geltenden gesetzlichen Vorgaben beachtet werden und weder Nachbar:innen noch öffentliche Wege durch die Photovoltaikanlage im Garten gestört oder beeinträchtigt werden. Wenn Sie diese Punkte beachten, bietet eine Freiflächenanlage jedoch das volle Potenzial einer klassischen Solaranlage – nur eben im Garten statt auf dem Dach.

Ideal für: Haushalte mit Autostellplatz im Freien, mit Garten oder Terrasse
Wenn Sie praktischen Nutzen mit nachhaltiger Stromerzeugung verbinden möchten, sind Solar-Carports oder PV-Pergolen eine clevere Lösung. Diese Konstruktionen bieten nicht nur Schutz für Ihr Auto oder Ihre Terrasse, sondern erzeugen gleichzeitig Solarstrom. Die Module können entweder in das Dach des Carports integriert oder aufgeständert werden, sodass Sie die Fläche doppelt nutzen können. Solar-Carports eignen sich besonders für Haushalte mit eigenem Stellplatz und lassen sich ideal mit einem Elektroauto kombinieren. So können Sie den selbst erzeugten Strom aus dem Carport gleich für die Wallbox nutzen, um Ihr Fahrzeugs zu laden.
Solar-Carports sind vollwertige Photovoltaikanlagen und somit mit Dachanlagen vergleichbar. Es gibt daher auch keine feste Obergrenze für die Stromerzeugung, wie es sie etwa bei Balkonkraftwerken gibt. Solar-Carports können je nach verfügbarer Fläche dimensioniert werden. So können auf einer 15 m² großen Dachfläche eines Carports beispielsweise etwa 3 kWp an PV-Leistung installiert werden, die pro Jahr rund 3.000 kWh (Kilowattstunden) Strom liefern können. Beachten Sie jedoch, dass auch Solar-Carports den gesetzlichen und technischen Anforderungen für PV-Anlagen unterliegen. Dazu zählt unter anderem die Anmeldung des Netzzugangs und der Einspeisung beim Netzbetreiber sowie gegebenenfalls eine Baugenehmigung, die je nach Bundesland und Ausführung erforderlich sein kann. Dafür profitieren Sie von einer dauerhaft nutzbaren Struktur, die sowohl funktional als auch energetisch sinnvoll ist.
Für PV-Pergolen können beispielsweise auch Mini-Solaranlagen genutzt werden, die üblicherweise für Balkone vorgesehen sind. Ein Beispiel aus Niederösterreich zeigt, dass sich eine solche Anlage auch einfach auf dem Dach einer Pergola anbringen lässt. Sie spendet Schatten und erzeugt gleichzeitig Strom – in diesem Fall 560 kWh im Jahr.
Gut zu wissen: Je nach Bundesland gibt es spezielle Förderungen für PV-Carports oder PV-Pergolen, sofern sie fachgerecht installiert und am Netz betrieben werden.
Ideal für: Haushalte mit Zaunbedarf oder Sichtschutz
Sie verfügen über keine ausreichenden Flächen für große Photovoltaikanlagen? Solarzäune können in diesem Fall eine besonders innovative Lösung darstellen – besonders, wenn Sie über einen neuen Zaun bzw. Sichtschutz nachdenken oder Ihren alten umgestalten möchten. Dafür werden Photovoltaikmodule vertikal montiert – entweder auf bestehenden Zaunanlagen oder als komplette Neuanlage. Besonders geeignet sind sogenannte bifaziale Module, die sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite Sonnenstrahlung in Strom umwandeln können. Richtig ausgerichtet können solche Systeme über die gesamte Jahreszeit hinweg Strom erzeugen, auch im Winter, wenn die Sonne flach steht – sofern keine Verschattungen, beispielsweise durch Bäume, entstehen. Herkömmliche Aufdachanlagen stoßen hier oft an ihre Grenzen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Ein Solarzaun erfüllt gleich mehrere Funktionen – er grenzt das Grundstück ein, bietet Sicht- und Windschutz und liefert zusätzlich Strom. Je nach Ausrichtung und bei Verwendung bifazialer Module können sogar die Ost- und Westsonne gut genutzt werden, sodass insbesondere in den Morgen- und Abendstunden Strom erzeugt wird – also genau dann, wenn er benötigt wird. Gleichzeitig ist die Ästhetik solcher Anlagen ein Pluspunkt, da sie sich unauffällig oder sogar designorientiert ins Grundstück einfügen lassen. Zwar fällt bei der senkrechten Bauweise die Stromausbeute pro Fläche geringer aus als bei geneigten Dach- oder Freiflächenmodulen, jedoch begünstigt diese Konstruktion eine selbstreinigende Wirkung. Somit können sich Verschmutzungen weniger stark auf den Ertrag auswirken. Für viele Haushalte kann diese Lösung besonders attraktiv sein, wenn sie ohnehin in einen neuen Zaun investieren möchten.
Ein privater Solarzaun ist in Österreich nicht in allen Aspekten rechtlich mit einer klassischen PV-Anlage auf dem Dach gleichgestellt. Je nach Region gibt es einige Unterschiede und Besonderheiten. So hängt die Genehmigungspflicht beispielsweise von Höhe, Länge und Standort ab. Daher ist eine Rücksprache mit der zuständigen Gemeinde immer ratsam.
Ideal für: Neubauten oder Dach-/Fassadensanierungen
Sie spielen mit dem Gedanken unter die Häuslbauer zu gehen oder denken über eine Sanierung Ihres Hauses nach. Dabei kann es sich lohnen, die Potenziale einer in die Gebäudehülle integrierten Photovoltaikanlage ins Auge zu fassen – zum Beispiel in Form von Solardachziegeln oder PV-Fassaden. Bei dieser sogenannten bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV) übernehmen Solarmodule die Funktionen des Daches oder der Fassade und überzeugen damit sowohl optisch als auch funktional. Solardachziegel sehen aus wie normale Ziegel, enthalten aber integrierte Solarzellen. Damit fügt sich die PV-Anlage nahezu unsichtbar ins Dach ein. Das ist besonders interessant für Designliebhaber:innen oder für Gebäude, bei denen klassische Module auf dem Dach optisch stören würden. Ähnlich verhält es sich mit PV-Fassaden: Glas-, Aluminium- oder Verbundplatten werden so gestaltet, dass sie sowohl Schutz bieten als auch Solarstrom liefern.
Der große Vorteil dieser Lösungen liegt in ihrer gestalterischen Integration. Sie bieten sich besonders bei Neubauten, Gebäuden mit architektonischem Anspruch oder in sensiblen Zonen mit Ortsbildschutz an, da sie kaum als Solaranlage erkennbar sind und dennoch erneuerbare Energie liefern. Auch aus baulicher Sicht kann die Kombination von Funktion und Ästhetik überzeugen – insbesondere wenn ohnehin eine hochwertige Dach- oder Fassadenlösung geplant ist.
Allerdings sollten die Kosten realistisch eingeschätzt werden. Gebäudeintegrierte Photovoltaik ist in der Regel teurer als klassische Dachmaterialien oder Fassadenverkleidungen, selbst wenn der entfallende Aufwand für herkömmliche Baustoffe einberechnet wird. Auch der Energieertrag pro Quadratmeter ist häufig geringer als bei aufgeständerten Standardmodulen. Trotzdem kann sich BIPV lohnen – wenn auch nicht in erster Linie aus finanzieller Sicht, sondern weil sie Nachhaltigkeit, Funktion und Gestaltung auf hohem Niveau vereint.
Ideal für: Haushalte ohne eigene Dach-, Balkon- oder Grundstücksfläche
Nicht jeder Haushalt hat die Möglichkeit, auf dem eigenen Grundstück Solarstrom zu erzeugen. Doch auch ohne eigene Fläche können Sie an der Energiewende teilhaben, beispielsweise durch die Beteiligung an Erneuerbaren Energiegemeinschaften, an einem Bürger-Solarpark oder durch die Nutzung von Mieterstrommodellen.
Eine besonders interessante Möglichkeit bieten Erneuerbare Energiegemeinschaften (EEG). Dabei schließen sich mehrere Privatpersonen, Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen zusammen, um gemeinsam Strom aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, zu teilen und zu verbrauchen. Im Unterschied zur klassischen Einspeisung ins Netz bleibt der erzeugte Strom in der Region: Überschüsse können direkt an Nachbar:innen oder Freund:innen innerhalb derselben Netzregion weitergegeben werden. Das spart Netzentgelte und stärkt die lokale Versorgung. Für die Teilnahme ist keine eigene Photovoltaikanlage notwendig – Sie können auch ohne eigene Erzeugung Teil der Gemeinschaft sein und Strom daraus beziehen. Sie können auch nur Verbrauchsteilnehmer:in einer EEG werden. Der Einstieg ist einfach: Viele regionale Energieversorger, Gemeinden oder Plattformen wie energiegemeinschaften.gv.at bieten Beratungen an und unterstützen bei der Gründung oder dem Beitritt.
Eine Sonderform davon sind Bürgerenergiegemeinschaften (BEG). Sie funktionieren ähnlich, unterscheiden sich jedoch in zwei wesentlichen Punkten: Erstens dürfen BEGs nicht nur Strom aus erneuerbaren Quellen, sondern auch andere elektrische Energie erzeugen und handeln. Zweitens sind sie nicht auf ein lokales Netzgebiet beschränkt, sondern dürfen Strom netzübergreifend – also über größere Entfernungen hinweg – handeln. Das macht BEGs besonders für Projekte wie Bürger-Solarparks oder überregionale Genossenschaften attraktiv, bei denen etwa eine PV-Anlage auf einer Freifläche oder einem öffentlichen Gebäude errichtet wird. Je nach Ausgestaltung der BEG können Teilnehmende von wirtschaftlichen Vorteilen profitieren, etwa durch Beteiligung an Gewinnen oder durch den Bezug von Strom zu attraktiven Konditionen. Im Gegensatz zu EEGs erhalten BEGs jedoch keine gesetzlich geregelten Netzentgeltreduktionen.
Mieterstrommodelle ermöglichen es Bewohner:innen von Mehrfamilienhäusern, direkt Strom von der PV-Anlage auf dem eigenen Gebäude zu beziehen, ohne selbst zu investieren. In Österreich wird dies als gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA) umgesetzt. Dabei wird der von einer PV-Anlage auf dem Dach erzeugte Strom zuerst an die Haushalte im Gebäude verteilt, bevor Überschüsse ins Netz eingespeist werden. So profitieren Mieter:innen von günstigem Strom, während Vermieter:innen Einnahmen aus dem Stromverkauf erzielen und den Wert der Immobilie steigern können.
Wer als Privatperson ein solches Mieterstrommodell anstoßen möchte – sei es im Eigentum oder zur Miete – sollte zuerst das Gespräch mit der Hausverwaltung oder der Eigentümergemeinschaft suchen. Bei Zustimmung der Mehrheit kann ein Projekt gemeinsam mit einer Fachfirma geplant werden. Unterstützung und Informationen bieten dabei etwa die Seiten oem-ag.at oder pv-austria.at.
Für jeden Haushalt gibt es eine passende PV-Alternative
Photovoltaik ist heute vielfältiger und flexibler denn je. Ob als kompakte Lösung auf dem Balkon, als vollwertige Freiflächenanlage im Garten, als intelligenter Solar-Carport oder als elegant integrierte Solarfassade – fast jeder Haushalt kann heute eigenen Solarstrom erzeugen. Auch wenn Sie kein Dach oder Grundstück besitzen, können Sie durch Energiegemeinschaften oder Mieterstrommodelle Teil der Energiewende werden.
Welche Lösung am besten zu Ihnen passt, hängt von Wohnform, Platzangebot, Budget und Ihren Zielen ab. Doch klar ist: Es gibt kaum noch gute Gründe, auf Solarstrom zu verzichten. Wer jetzt investiert, macht sich unabhängiger, spart langfristig Stromkosten – und leistet ganz nebenbei einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz.