
Pollen, Klimawandel, Gesundheit - Warum Allergien zunehmen und was wir tun können
Immer mehr Menschen leiden unter Pollenallergien – und das ist kein Zufall. Der Klimawandel verlängert die Pollensaison und lässt allergene Pflanzen stärker wachsen. Gleichzeitig verschärfen Luftschadstoffe die Beschwerden. Erfahren Sie, wie Umwelt und Gesundheit zusammenhängen – und was Sie gegen die steigende Belastung tun können.

Das erwartet Sie
Durch den Klimawandel beginnt die Pollenflugsaison immer früher, dauert länger an und wird intensiver.
Sogenannte Neophyten sind auf dem Vormarsch und verstärken das Problem deutlich.
Das richtige Pollenwarnsystem und ein paar hilfreiche Tipps für den Alltag können Abhilfe schaffen.
In Kombination mit Luftschadstoffen entfalten Pollen eine besonders belastende Wirkung.
Längere Frühlingsgefühle, milde Winter und ein immer früherer Blühbeginn – was für viele Menschen angenehm klingt, bedeutet für andere eine zunehmend gesundheitliche Belastung. Der Klimawandel verändert nicht nur unser Wetter und unsere Landschaften, sondern wirkt sich auch auf die natürlichen Rhythmen von Pflanzen aus – mit spürbaren Folgen für viele Menschen, die an Pollenallergien oder anderen Atemwegserkrankungen leiden. Vielleicht leiden auch Sie an einer Pollenallergie und haben die sich verändernden Auswirkungen bereits zu spüren bekommen: Die Pollenflugsaison beginnt immer früher, dauert länger an und wird intensiver. Für Betroffene bedeutet das: mehr Tage mit Symptomen, stärkere Beschwerden und eine zunehmende Belastung durch Luftschadstoffe, die das Problem zusätzlich verschärfen.
Pollenallergien im Wandel: Was steigende Temperaturen bewirken
Allergien erschweren den Alltag während der immer länger werdenden Pollensaison. Die Ursachen dafür bzw. die Zusammenhänge zwischen Klima und Pollenbelastung sind wissenschaftlich gut belegt. Pflanzen orientieren sich in ihrer Entwicklung an Temperatur, Tageslicht und Feuchtigkeit. Durch den stetigen Temperaturanstieg verschiebt sich die Vegetationsperiode deutlich. Viele Pflanzen beginnen früher zu blühen, einige sogar mitten im Winter. Während Hasel und Erle früher als üblich im Jänner oder sogar schon im Dezember Pollen freisetzen, können Gräser bereits ab April Beschwerden verursachen. Der Effekt ist nicht nur ein verfrühter Beginn, sondern auch eine Verlängerung der gesamten Pollensaison, die sich inzwischen über große Teile des Jahres erstreckt.
Doch damit nicht genug: Neben der zeitlichen Verschiebung verändert sich auch die Intensität. Durch höhere CO₂-Konzentrationen in der Atmosphäre produzieren viele Pflanzen mehr Pollen als früher. Zusätzlich steigt die allergene Potenz – das heißt, die Pollen enthalten mehr jener Eiweiße, die allergische Reaktionen auslösen. Besonders deutlich zeigt sich dieser Effekt bei stark allergenen Pflanzen wie der Birke oder der eingeführten Ambrosia (Ragweed), deren Pollen bereits in kleinsten Mengen bei vielen Menschen zu massiven Beschwerden führen.
Ein dritter Aspekt betrifft die geografische Ausbreitung. Durch die milderen klimatischen Bedingungen können wärmeliebende Pflanzenarten, darunter auch invasive Arten bzw. sogenannte Neophyten wie das Ragweed, nun auch in höheren Lagen und bisher weniger betroffenen Regionen gedeihen. Dadurch verändert sich nicht nur die biologische Vielfalt, sondern sie wird auch für viele Menschen gesundheitlich problematischer.
Die Rolle der Luftschadstoffe: Verstärker und Reizstoffe
Pollen allein sind nicht das ganze Problem für Allergiker:innen. In Kombination mit Luftschadstoffen wie Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahem Ozon entfalten sie eine besonders belastende Wirkung. Diese Schadstoffe reizen die Atemwege, schwächen die Schleimhäute und erhöhen die Durchlässigkeit für allergene Stoffe. Zudem verändern sie die chemische Struktur der Pollen, sodass deren Oberflächen brüchiger werden, was wiederum die Freisetzung von allergenen Partikeln begünstigt. Diese Partikel sind so klein, dass sie tief in die Lunge eindringen können, wo sie Entzündungsprozesse auslösen oder verstärken.
In städtischen Gebieten ist die Belastung besonders hoch. Verkehr, Heizungen, Industrieanlagen und eine geringe Luftzirkulation führen dort häufig zu schlechter Luftqualität – und damit zu einer höheren Grundreizung der Atemwege. In ländlichen Regionen ist die Luft zwar meist sauberer, dafür ist die Pollenmenge durch die stärkere Begrünung oft höher. Beide Räume haben also ihre jeweils spezifischen Herausforderungen, wenn es um Pollen- und Schadstoffbelastung geht.
Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit in Österreich
Laut Polleninformationsdienst leiden 43 % der Allergiker:innen in Österreich an einer Pollenallergie. Neben den typischen Heuschnupfen-Symptomen wie Niesen, juckenden Augen oder einer laufenden Nase treten zunehmend auch schwerere Beschwerden wie Atemnot, chronische Bronchitis oder allergisches Asthma auf.
Besonders betroffen von der zunehmenden Pollen- und Schadstoffbelastung sind vulnerable Bevölkerungsgruppen. Kinder, deren Immunsysteme sich noch in der Entwicklung befinden, reagieren häufig sensibler auf allergene Reize und entwickeln vermehrt frühzeitige Sensibilisierungen. Die Folge ist, dass sie oft ein Leben lang von Allergien begleitet werden. Besonders gefährdet sind auch Personen mit bestehenden Vorerkrankungen wie Asthma, Neurodermitis oder allergischer Rhinitis. Für sie bedeutet die verlängerte Pollensaison eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität und ein erhöhtes gesundheitliches Risiko. Daher ist es umso wichtiger, diese Gruppen gezielt zu schützen – sei es durch medizinische Vorsorge, eine bewusste Begrünungsplanung im öffentlichen Raum oder durch transparente, niedrigschwellige Informationsangebote, die Betroffene frühzeitig warnen und unterstützen.
Die gesundheitlichen Auswirkungen zeigen sich nicht nur in der Lebensqualität, sondern auch im Gesundheitssystem: mehr Arztbesuche, häufigere Medikamenteneinnahmen, erhöhte Krankenstände und in schweren Fällen eine dauerhafte Einschränkung der Belastbarkeit. Somit stellt die Pollenbelastung nicht nur ein Thema der öffentlichen Gesundheitsvorsorge dar, sondern auch eine zentrale Aufgabe im Zuge der Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel.
Wie Sie sich vor Pollen schützen und vorbeugen können
Im Umgang mit Pollenbelastungen ist ein gut informierter Alltag entscheidend. Eine der wichtigsten Maßnahmen besteht darin, sich über den aktuellen Pollenflug zu informieren. Die GeoSphere Austria bietet Ihnen auf sehr übersichtliche Weise tagesaktuelle Informationen, Prognosen und Belastungswarnungen. Auch viele Wetter-Apps enthalten inzwischen Pollenwarnsysteme.
In der Wohnung kann durch gezieltes Lüften viel erreicht werden. In Städten empfiehlt es sich, frühmorgens zu lüften, da die Luft zu diesem Zeitpunkt noch relativ pollenarm ist. Auf dem Land hingegen ist die Pollenbelastung abends meist am geringsten. In belasteten Zeiten sollten Sie die Fenster möglichst geschlossen halten. Pollenschutzgitter an Fenstern und regelmäßiges Reinigen der Wohnräume helfen zusätzlich, Pollen fernzuhalten. Nach Aufenthalten im Freien ist es sinnvoll, die Kleidung zu wechseln und die Haare zu waschen, da sich dort häufig Pollen festsetzen – besonders relevant für die Nacht, in der sich der Körper eigentlich erholen sollte. In pollenintensiven Zeiten sollten Sie gewaschene Kleidung nicht an der Luft trocknen lassen, da sich im feuchten Gewebe besonders viele Pollen sammeln. Zu empfehlen sind auch Pollenfilter und HEPA-Filter, da diese bei Belüftungsanlagen, Luftreinigern, Klimaanlagen, Autos und Staubsaugern kleinste Pollenkörner aus der Luft filtern.
Wenn Sie unter Pollenallergien leiden, sollten Sie die Gartenarbeit anderen Personen überlassen. Ebenso sollten Sie sich vor der Planung von Ausflügen und Urlauben bei Pollenservices informieren. Pauschale Empfehlungen wie „ans Meer oder in die Berge“ sind nicht immer ganz richtig, da es auch am Meer Küstengräser gibt und die Pflanzen in den Bergen zwar etwas später, aber dennoch blühen.
Auch medizinisch kann viel getan werden. Allergietests helfen beispielsweise dabei, herauszufinden, auf welche Pollenarten man reagiert. Wer die Auslöser kennt, kann sich gezielter vorbereiten und bei Bedarf auch eine spezifische Immuntherapie beginnen. Diese Hyposensibilisierung ist derzeit die einzige ursächliche Behandlungsmethode bei Pollenallergien und kann die Symptome langfristig deutlich lindern oder sogar beseitigen. Bei akuten Beschwerden stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, darunter Antihistaminika, Kortisonpräparate und lokal wirkende Nasensprays.
Trinken Sie außerdem reichlich Wasser, um die Schleimhäute feucht zu halten. An besonders belastenden Tagen kann ein nasser Waschlappen im Gesicht oder eine Nasendusche mit einer Kochsalzlösung Abhilfe schaffen.
Anpassung an den Klimawandel: allergikerfreundliche Begrünung in Stadt und Garten
Die Anpassung an den Klimawandel beginnt nicht nur bei der individuellen Gesundheitsvorsorge, sondern auch in der Stadt- und Landschaftsplanung. Dabei ist die Auswahl von Pflanzenarten im öffentlichen Raum ein zentraler Hebel. Viele Gemeinden setzen inzwischen auf allergikerfreundliche Bepflanzungen, beispielsweise mit Arten, die entweder keine Pollen bilden oder deren Pollen wenig allergen wirken. Eine klima- und gesundheitsbewusste Stadtbegrünung kann außerdem dabei helfen, Hitzeinseln zu mildern, Feinstaub zu binden und die Aufenthaltsqualität zu verbessern.
Auch in privaten Gärten oder auf Balkonen lohnt es sich, bewusst zu wählen. Pflanzen wie Ahorn, Birke, Hasel oder Ambrosia sind für Allergiker:innen besonders problematisch. Informieren Sie sich, welche Pflanzen als weitgehend unbedenklich gelten, und achten Sie bei der Bepflanzung auf ausreichend Biodiversität. In unseren Tipps erfahren Sie alles rund um einen klimafreundlichen Garten.
Pollenbelastung als Signal für notwendige Veränderungen
Die zunehmende Pollenbelastung zeigt, wie sehr der Klimawandel bereits in unseren Alltag eingreift und wie wichtig es ist, sich durch Schutzmaßnahmen sowie politische und planerische Veränderungen anzupassen. Gesundheitliche Folgen wie Allergien sind keine bloßen Begleiterscheinungen, sondern ein direktes Zeichen dafür, dass sich unsere Umweltbedingungen tiefgreifend verändern.