Mit Kindern über Klima sprechen – Empfehlungen aus der Umweltpsychologie

Die Umweltpsychologin Anna Pribil war kürzlich zu Gast im klimaaktiv Webinar. Sie erklärt, vor welchen Herausforderungen Eltern stehen und wie Kinder mit der Klimakrise umgehen. Außerdem gibt sie praktische Tipps, wie wir mit Kindern über die Klimakrise sprechen können, worauf wir besonders achten und was wir vermeiden sollten.

Vor welchen Herausforderungen stehen Eltern angesichts der Klimakrise?

Elternschaft war schon immer mit Herausforderungen verbunden - aber die zahlreichen Krisen und Herausforderungen unserer Zeit stellen Familien vor zusätzliche Belastungen. Im Gegensatz zu früheren Generationen fehlt Eltern heute die Gewissheit, dass es ihren Kindern einmal besser gehen wird als ihnen selbst. Das tut weh und bringt sie in einen Zwiespalt: Sollen sie ihren Kindern eine möglichst unbeschwerte Kindheit ermöglichen und schwierige Themen von ihnen fernhalten oder sie bestmöglich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten?

Wie können Eltern hier einen guten Mittelweg finden?

Kinder können eine unbeschwerte Kindheit haben und für den Klimaschutz aktiv sein - das ist nicht automatisch ein Widerspruch. Wichtig ist, dass Eltern lernen, mit ihren eigenen Klimagefühlen gut umzugehen, damit Sorgen und Ängste nicht auf die Kinder übertragen werden. Nur wenn wir mit unseren Gefühlen im Reinen sind, können wir Kindern einen geschützten Rahmen bieten.

Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass Krisen auch Chancen bieten: Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen. Wenn es uns gelingt, nachhaltige Strukturen aufzubauen, werden diese das Leben unserer Kinder verbessern. Christiana Figueres, die Chefdiplomatin hinter dem Pariser Klimaschutzabkommen, nennt es die aufregendste und wichtigste Zeit in der Geschichte der Menschheit, um am Leben zu sein.

Wie geht es Kindern angesichts der Klimakrise?

Wenn Kinder von der Ernsthaftigkeit der Klimakrise erfahren, aber kein konsequentes Handeln der Eltern erkennen können, fühlen sie sich wütend, überfordert und allein gelassen. Vor allem jüngere Kinder laufen zudem Gefahr, Schuldgefühle zu entwickeln: Um die Illusion von Kontrolle zu erzeugen, übernehmen sie Verantwortung und fühlen sich mitschuldig an der Krise. Viele Jugendliche und junge Erwachsene leiden außerdem unter Klimaangst, wie eine Studie von Hickman, Marks et al. aus dem Jahr 2021 zeigt. Das ist keine psychische Störung, sondern eine angemessene Reaktion auf eine leider sehr reale Bedrohung. Klimaangst oder Eco-Anxiety kann sich zu einer Depression entwickeln, aber auch zum Handeln motivieren.

Wie können wir Kindern helfen, mit Klimagefühlen umzugehen?

Eltern sollten darauf achten, dass sie grundsätzlich eine gute Bindung zu ihren Kindern haben. Wenn Kinder Schuldgefühle entwickeln, ist es wichtig zu betonen, dass die Verantwortung bei Erwachsenen liegt und beim Klimaschutz mit gutem Beispiel voranzugehen. Außerdem können Eltern ihre eigene Resilienz und die ihrer Kinder stärken. Dies gelingt vor allem durch bewusste Selbstfürsorge, zum Beispiel durch Zeit für soziale Kontakte, Bewegung, Schlaf und sinnstiftende Tätigkeiten. Auch eine klare Tagesstruktur und Achtsamkeit können unsere Resilienz stärken.

Damit wir uns von unseren Sorgen distanzieren können, ist es hilfreich, dass sich Erwachsene und Kinder Handyauszeiten gönnen und Push-Benachrichtigungen ausschalten. Kleine Kinder sollten wiederum vor ungefilterten Informationen aus Fernsehen und Radio geschützt werden.

Worauf gilt es zu achten, wenn wir mit Kindern über die Klimakrise sprechen?

Wie bereits erwähnt, sollten Erwachsene Sorgen nicht auf ihre Kinder abwälzen. Es geht nicht darum, das Thema aufzudrängen, sondern es ernst zu nehmen, wenn es auftaucht, und die Fragen der Kinder so ehrlich wie möglich zu beantworten. Eltern können auch gemeinsam mit ihren Kindern überlegen, wie sie als Familie ihren Fußabdruck verkleinern und Handabdruck vergrößern können - gemeinsames Klimahandeln ist oft die effektivste Form der Kommunikation. Wenn Eltern ihre Kinder zum Beispiel zu Demonstrationen mitnehmen, erleben sie, dass sich viele Menschen für den Klimaschutz engagieren - das kann sehr entlastend sein. Karl Valentin soll einmal gesagt haben: "Wir brauchen unsere Kinder nicht zu erziehen, sie machen uns sowieso alles nach". Auch wenn dieses Zitat ihm wohl zu Unrecht zugeschrieben wird, trifft es auf die Klimakommunikation mit Kindern zu.

Wann sollten wir damit starten? Überfordern wir Kleinkinder nicht mit dem Thema?

Natürlich ist es wichtig, den Entwicklungsstand der Kinder zu berücksichtigen und Dinge altersgerecht zu erklären, z.B. indem man auf die Lebenswelt der Kinder Bezug nimmt oder mit Analogien arbeitet.. Es muss auch nicht unbedingt der Begriff „Klima“ verwendet werden. Eltern können einfach erklären, woher unsere Lebensmittel kommen, warum in der Familie kein Wasser verschwendet wird oder warum man zu Fuß in den Kindergarten geht.

Bei Kleinkindern sollte die Entwicklung einer Beziehung zur Natur oberste Priorität haben. Wir schützen nur, was wir lieben, und wir lieben nur, was wir kennen, wie Konrad Lorenz einmal gesagt hat. Deshalb sollten wir mit kleinen Kindern viel in die Natur gehen, Schmetterlinge, Käfer und andere Tiere beobachten, gärtnern, Wildblumenwiesen säen, Bäume pflanzen und so weiter.

Klimakommunikation mit pubertierenden Jugendlichen und Schüler:innen – wie geht das?

In der Pubertät rückt die Zeit mit Gleichaltrigen in den Vordergrund, aber die Eltern bleiben im Hintergrund als Stütze für ihre Kinder wichtig. Bei Auseinandersetzungen sollten sie daher offen und geduldig bleiben. Dies gilt auch für Diskussionen in der Schule: Entscheidend ist, dass Erwachsene die Gefühle von Jugendlichen ernst nehmen, echte Anteilnahme zeigen und eine aktive und akzeptierende Haltung einnehmen. Eine wichtige Botschaft sollte sein, dass man nicht alles perfekt machen muss oder kann.

Im Unterricht könnte gemeinsam überlegt werden, was man als Schule zum Klimaschutz beitragen kann. Auch Green Jobs bieten sich als ein guter Anknüpfungspunkt an. Wenn Unterstützung durch Schulpsycholog:innen oder Vertrauenslehrer:innen angeboten wird, ist es ratsam, vorher sicherzustellen, dass diese mit dem Klimathema vertraut sind. Außerdem können wir Jugendliche einladen, zu reflektieren: Wie denkst du über die Klimakrise? Welche Emotionen spürst du? Wie stark sind diese Gefühle? Was löst sie aus? Wie gehst du mit ihnen um? Ist dieser Ansatz wirksam? Was könnte dir sonst noch helfen?

Zuguterletzt: Was ist nicht hilfreich?

Wir sollten niemals reden ohne zu handeln, sagen, dass alles gut wird, und zu viel Verantwortung auf das Individuum legen.

Veröffentlicht am 11.01.2024