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Proaktiv statt reaktiv: Strategien gegen Desinformation in der Klimadebatte

Wie kann eine konstruktive Klimadebatte gelingen? Diese Frage stand im Zentrum einer Podiumsdiskussion im Rahmen der klimaaktiv Konferenz 2025. Expert:innen aus Journalismus, Wissenschaft und Kommunikation diskutierten, wie der gesellschaftliche Diskurs zum Thema Klimaschutz derzeit verzerrt wird und was Klimakommunikator:innen dagegen tun können. 

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5 zentrale Erkenntnisse:

1. Die Strategien zur Verhinderung von Klimaschutz werden immer subtiler

Der Klimawandel wird heute kaum noch geleugnet. Die meisten Entscheidungsträger:innen bekennen sich öffentlich zum Klimaschutz. Dennoch wird die Debatte über dringende Maßnahmen von einigen Akteur:innen bewusst verzerrt, verschleppt und unfair geführt: Es geht diesen Gruppen nicht um Wahrheitsfindung, sondern um Agenda-Setting, das Diskreditieren anderer Akteur:innen und Manipulation. 

Typische beobachtbare Muster sind:

  • Verantwortung abschieben („Ja, aber China …“; „Unsere Emissionen sind im Vergleich doch unbedeutend“)

  • Scheinlösungen propagieren („E-Fuels sind besser als Elektromobilität“)

  • Nachteile überbetonen („Klimaschutz ist zu teuer“)

  • Zweifel säen an der Wirksamkeit von Maßnahmen („Dämmung spart kaum Energie“)

 

Diese Argumente enthalten oft einen wahren Kern, werden jedoch aus dem Kontext gerissen und verzerrt dargestellt. Besonders problematisch wird es, wenn solche Botschaften von Personen stammen, die sich als Klimaschützer:innen inszenieren, tatsächlich aber bewusst Unsicherheit erzeugen und Maßnahmen verzögern. Das erschwert die Orientierung für Laien erheblich.

Zudem wird Klimaschutz zunehmend als Kulturkampf instrumentalisiert. Maßnahmen wie das deutsche Heizungsgesetz oder der Ausbau erneuerbarer Energien werden emotional aufgeladen und politisch polarisiert. Das Ergebnis: Klimaschutz verliert seine Rolle als gemeinsames Ziel, sachliche Diskussionen werden unmöglich und der Fortschritt dadurch blockiert.

2. Menschen haben gute Gründe, Halbwahrheiten zu glauben

Es ist menschlich, Verschleppungsargumenten und Falschnachrichten Glauben zu schenken, wenn sie scheinbar einfache Erklärungen und Sicherheit in unsicheren Zeiten bieten. Insbesondere Veränderungen lösen bei vielen Menschen Verunsicherung aus. Und da der Klimawandel sowie Klimaschutz besonders große Veränderungen mit sich bringen, ist die Angst hier besonders groß. 

Viele Sorgen sind legitim: 

  • Steigen Energiepreise und Lebenshaltungskosten?

  • Wird Bürokratie durch neue Regelungen komplizierter?

  • Verliere ich meinen Job durch neue Auflagen?

  • Bringen Einzelmaßnahmen wie Recycling oder E-Autos überhaupt etwas?

Hinzu kommt die kognitive Dissonanz: Die meisten Menschen wissen, dass klimafreundliches Verhalten wichtig ist. In einer fossil geprägten Gesellschaft fällt es aber schwer, konsequent zu handeln. Um diesen inneren Widerspruch zu lösen, wird das Problem oft relativiert oder Verantwortung abgeschoben. Verzögerungsdiskurse liefern dafür willkommene Argumente und entlasten psychologisch.

3. Emotionen überzeugen mehr als Fakten

Falschnachrichten und Verschleppungsargumente verbreiten sich so rasch, weil sie emotional überzeugen: Sie greifen die Sorgen und Ängste der Menschen auf und bestätigen oder verstärken sie. Deshalb reicht es für eine ausgewogene Diskussion nicht aus, mit Fakten oder Richtigstellungen zu kontern. Entscheidend ist eine ebenso emotionale Ansprache, die aber nicht trennt, sondern verbindet. Sie knüpft an die gemeinsamen Überzeugungen und Werte der Menschen an. Es gilt, Geschichten zu erzählen, Schuldzuweisungen zu vermeiden und positive Visionen zu schaffen. Klimaschutzakteur:innen müssen lernen, ihre Botschaften nicht nur korrekt, sondern auch wirksam zu vermitteln.

4. Medienkompetenz ist die neue Schlüsselkompetenz

Falschnachrichten und unfaire Diskussionsstile werden uns weiterhin begleiten. Damit Menschen sich in der Klimadebatte orientieren können, brauchen sie Medienkompetenz. Das bedeutet die Fähigkeit,

  • einerseits Quellen kritisch zu hinterfragen und 

  • andererseits die Interessen hinter bestimmten Botschaften zu verstehen.

Medienkompetenz entwickelt sich nicht von selbst, sie muss systematisch gefördert werden – in Schulen und auch in der Erwachsenenbildung. Sie schützt nicht nur vor Desinformation, sondern ist Voraussetzung für eine mündige, demokratische Debatte, nicht zuletzt auch im Klimabereich.

5. Die beste Kommunikation ist proaktiv

Als Klimakommunikator:innen sollten wir nicht nur auf Falschnachrichten reagieren – Vorbereitung ist besser als Verteidigung. Klimakommunikation sollte stets

  • als langfristiger Prozess geplant werden,

  • regelmäßig evaluiert und angepasst werden,

  • Zielgruppen gezielt ansprechen sowie

  • vertrauenswürdige Botschafter:innen einbeziehen.

Nur durch kontinuierliches Zuhören und den Aufbau von Dialogräumen kann Vertrauen entstehen. Klimakommunikation ist nicht nur Informationsvermittlung, sie ist vor allem Beziehungspflege.

Die Podiumsdiskussion hat gezeigt, dass Klimakommunikation heute mehr denn je strategisch ausgelegt sein muss. Es reicht nicht, irreführende Botschaften zu entlarven – in der Klimakommunikation müssen wir die Debatte aktiv gestalten und Vertrauen aufbauen. 

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Ein Laptop steht am Holztisch, Frauenhände tippen gerade auf der Tastatur. Rechts der Person steht eine Tasse, links davon ein Smartphone, dessen Bildschirm an ist. © stock.adobe.com/Gorodenkoff Productions OU
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