© Martina Hackstock-Plank

Interview

„Die klimaneutrale Zukunft ist ein Sehnsuchtsort, an dem ich einmal leben möchte.“

Roger Hackstock ist seit vielen Jahren im Bereich Klimaschutz und Energiewende tätig. In seinem neuesten Buch „Wie wir die Welt retten, ohne uns dauernd Sorgen zu machen“ plädiert er für mehr Zuversicht und Freude beim Klimaschutz. Wir haben ihn für ein Interview getroffen.

© Martina Hackstock-Plank

Roger Hackstock ist Sachbuchautor, Lehrbeauftragter an der TU Wien und seit 20 Jahren Geschäftsführer des Verbands Austria Solar. Im Interview erklärt er, warum positive Zukunftsvisionen in der Klimakommunikation wichtig sind. 

Sie argumentieren, dass wir der Klimakrise mit mehr Zuversicht, Gelassenheit und Humor begegnen sollten. Aktuelle Nachrichten über den zweiten Sachstandsbericht in Österreich, Trumps Anti-Klima-Politik oder die Abschaffung des Green New Deal durch die EU stimmen jedoch wenig zuversichtlich. Wie empfehlen Sie, mit diesem dauerhaften und sich aktuell zuspitzenden Widerspruch umzugehen?

Übertreiben wir es nicht. Der Green New Deal wurde nicht abgeschafft, sondern die Berichtspflichten, die meiner Meinung nach ohnehin zu überbordend angelegt waren, wurden aufgeweicht. Die Ziele des Deals und die dazugehörigen EU-Richtlinien sind weiterhin in Kraft und werden von allen Mitgliedsländern bis nächstes Jahr national umgesetzt – von Effizienzmaßnahmen über den Ausbau erneuerbarer Energien bis zu fossilfreien Gebäuden.

Der zweite Sachstandsbericht zum Klimawandel in Österreich zeigt, dass die Treibhausgase in den letzten drei Jahren kontinuierlich gesunken sind. In dem Tempo bewegen wir uns zügig auf die Klimaneutralität 2040 zu. Das beweist, dass Klimaschutz konkret machbar ist und die Regierung mit ihren klimapolitischen Maßnahmen fortfahren sollte, um diesen erfolgreichen Pfad nicht zu verlassen.

Bei Trumps Anti-Klima-Politik muss man zwischendurch lachen: Anfang Juni stellten sich der Energieminister, der Innenminister und der Leiter der US-Umweltbehörde in Alaska vor die Presse, um für die Öl- und Gasgewinnung zu werben – obwohl kein einziger Energiekonzern die staatliche Lizenz kaufen will, da die Förderung dort zu teuer ist. Da kann der Präsident noch so oft „Drill, baby, drill!” rufen, die ökonomische Realität ist eine andere. Das Einzige, was er damit erreicht, ist, dass sich ein anderes Land, nämlich China, an die Spitze der globalen Klimatechnikbewegung setzt.

Es ist aber auch klar, dass sich viele Menschen Sorgen machen. Die besorgniserregenden Nachrichten zur Klimaveränderung muss man ernst nehmen, sich davon aber nicht lähmen lassen. Natürlich geht alles viel zu langsam, und das Zurückrudern von EU und USA schlägt aufs Gemüt. Aber wir dürfen uns nicht entmutigen lassen. Klimaschutz ist eine feine Sache, wenn man ihn klug angeht. Er kann sogar Spaß machen. Wenn wir das vermitteln, hilft es, ihn auch dann voranzutreiben, wenn die Welt gerade Kopf steht.

Wie könnte zuversichtliche Klimakommunikation aussehen?

Wir haben 30 Jahre lang versucht, der Klimakrise mit Empörung und Verzweiflung zu begegnen – ohne Erfolg. Die Treibhausgase sind weltweit weiter gestiegen. Mein Vorschlag ist deshalb, es künftig mit Humor und Gelassenheit zu versuchen.

Das Problem ist, dass viele den Klimaschutz als lästige Pflichtübung betrachten. Als etwas, das man am besten hinausschiebt, weil es scheinbar mit Verzicht und Entbehrung verbunden ist. Doch das ist ein verzerrtes Bild. Ich freue mich über jeden Radweg, jede Solaranlage und jede klimaneutrale Fabrik. Solche Beispiele für Klimaschutz zum Anfassen zeigen, dass es ohne Öl und Gas besser läuft.

Mehr Humor und Zuversicht beim Klimaschutz bedeutet, Klimaziele nicht als lästige Fleißaufgabe, sondern als Chance zu betrachten und die Klimaneutralität zum eigenen Vorteil zu nutzen. Gerade in Österreich haben wir enorme erneuerbare Ressourcen und die passenden Technologien, um fossile Energie lachend hinter uns zu lassen. Wir werden sie künftig einfach nicht mehr brauchen. In 100 Jahren werden die Menschen zurückblicken und sich fragen, was daran eigentlich so schwer war und warum es so lange gedauert hat. Davon bin ich überzeugt.

Der Begriff „Klima“ scheint derzeit in Verruf gekommen zu sein. Wie kann es gelingen, Krisenmüdigkeit zu überwinden und Menschen neu für dieses wichtige Thema zu aktivieren?

Als ich mein Buch anfänglich verschiedenen Verlagen unterbreitete, wurde mir gesagt, dass „Klima“ im Titel unverkäuflich sei. Den Begriff kann tatsächlich niemand mehr hören.

Das ist aber nicht so schlimm, denn im Grunde geht es um eine Zukunft, in der wir den Stress hinter uns lassen, den uns die fossile Welt beschert – um eine Zukunft ohne Treibhausgase, Lärm, schlechte Luft und Staus auf den Straßen.

Das müssen wir vermitteln. Es geht schneller voran, wenn wir uns nicht ständig grämen über Dinge, die nicht so gut klappen, sondern uns über alles freuen, wo etwas weitergeht. Spaß ist dabei ein ganz wichtiger Antrieb, wie auch der Medienprofi Christian Clerici sagt: „Wandel findet statt, wenn wir Lust darauf haben.“

Für mich ist eine klimaneutrale Zukunft ein Sehnsuchtsort, an dem ich einmal leben möchte. Wenn ich mich nach etwas sehne, setze ich alle Hebel in Bewegung, um möglichst schnell dorthin zu gelangen. Sehnsucht statt Krisenmüdigkeit – das könnte uns dabei helfen, an Tempo zu gewinnen und mehr Menschen für eine klimaneutrale Zukunft zu aktivieren.