Kommunikationstipps: Wie sage ich's?
Es reicht nicht, die richtigen Fakten und Argumente zu liefern. Entscheidend ist was und vor allem, wie wir kommunizieren. Ton, Ansprache und emotionale Gestaltung bestimmen, ob Botschaften ankommen, verstanden werden und zum Handeln motivieren. Klimakommunikation hat die Aufgabe, eine breite Handlungsbereitschaft und Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen zu schaffen. Sie stellt uns Menschen mit unseren Werten und Gefühlen in den Mittelpunkt, ist wertschätzend, lebensnah und lösungsorientiert.
Die folgenden Tipps helfen Ihnen dabei, Klimaschutz, Energiewende und Mobilitätswende in Österreich zu einer Herzensangelegenheit für alle zu machen.
Unsere wichtigsten Tipps auf einen Blick
Lange Zeit gingen Klimakommunikator:innen davon aus, dass der notwendige Wandel in der Gesellschaft vor allem durch ein Wissens- oder Informationsdefizit verhindert wird. Wenn Menschen sich nicht klimafreundlich verhalten, dann vor allem deshalb, weil sie noch nicht genug über die Klimakrise wüssten. Hätten sie mehr Informationen, würden sie ihr Verhalten entsprechend anpassen und Klimaschutz konsequent umsetzen, so die damals gängige Meinung. Diese These, das sogenannte Informationsdefizit-Modell, hat sich als falsch erwiesen.
Tatsächlich zeigen Umfragen, dass das Bewusstsein für die Klimakrise und die allgemeine Betroffenheit in allen Ländern der Welt hoch sind. Dennoch klaffen Wissen und Handeln oft weit auseinander. Nicht selten haben gerade jene Bevölkerungsgruppen, die sich selbst als umweltbewusst einschätzen, einen besonders hohen CO2-Fußabdruck. Auch die zunehmend spürbaren Folgen der Klimakrise führen nicht automatisch zu einer höheren Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen.
Mit individuellen Schuldgefühlen kommen wir nicht weiter, sie frustrieren und überfordern. Damit klimafreundliches Verhalten zur Norm wird, müssen die Strukturen unserer Gesellschaft nachhaltig gestaltet werden: Zum einen gilt es, Energieversorgung, Wirtschaft, Industrie und Verkehr von Erdöl, Kohle und Erdgas unabhängig zu machen und effizienter zu gestalten. Auch das Ernährungssystem muss auf nachhaltige Proteinquellen umgestellt werden, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren und Böden und Biodiversität zu schützen.
Klimaschutz ist also weit mehr als eine individuelle Aufgabe, sondern erfordert das Engagement und die Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Akteure: Politik, Verwaltung, Unternehmen, Energieversorger, Landwirtschaft, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Zivilgesellschaft, Medien, Kunst, Kultur und viele mehr. Auch wenn Macht, Verantwortung und Einfluss ungleich verteilt sind, kann auf allen Ebenen gesellschaftlicher Wandel vorangetrieben werden.
Versteht man Klimaschutz als gemeinschaftliche Herausforderung, ist Klimakommunikation vor allem eine Einladung zum Dialog: Menschen sollen ermutigt werden, sich in die Klimadebatte einzubringen und ihre persönlichen Hebel für den Klimaschutz zu nutzen.
Wenn wir Klimaschutz durch Kommunikation voranbringen wollen, müssen wir analysieren, was Menschen davon abhält, sich klimafreundlich zu verhalten, und was ihnen helfen würde, aktiv zu werden. Tatsächlich gibt es viele strukturelle und psychologische Barrieren: Als globales Problem löst die Klimakrise oft Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit aus. Wir glauben nicht, dass unser Handeln wirklich einen Unterschied macht, im Guten wie im Schlechten: Wenn wir uns anstrengen, scheinen unsere Bemühungen vergeblich zu sein. Wenn wir nichts tun, können wir immer auf größere Emittenten verweisen.
Zudem sind viele Prozesse und Strukturen unserer Gesellschaft auf fossile Energieträger ausgerichtet, so dass wir als Einzelne schnell an unsere Grenzen stoßen, wenn wir Klimaschutz innerhalb dieser Strukturen konsequent umsetzen wollen. Scheinbar allein gegen den Strom zu schwimmen ist nicht nur anstrengend, sondern oft auch mit hohen Kosten und großem Aufwand verbunden.
Der Handabdruck motiviert stärker als der Fußabdruck und fordert dazu auf, an den großen Stellschrauben des Klimaschutzes zu drehen. Statt nur zu versuchen, unseren negativen Einfluss auf Umwelt und Klima zu verringern, können wir in unserem Einflussbereich nachhaltige Strukturen schaffen, die es auch anderen Menschen leichter machen, sich klimafreundlich zu verhalten. Der Handabdruck belohnt positives soziales oder ökologisches Engagement. Er motiviert, selbst Hand anzulegen und sich für nachhaltige Strukturen, Gesetze, Regeln und Rahmenbedingungen im Sinne der Klimawende einzusetzen. Damit wir alle ohne großen Aufwand klimafreundlich leben können.
Menschen unterscheiden sich voneinander, allgemeine Gruppen wie „die Bevölkerung“ oder „die Unternehmen“ gibt es in unserer zunehmend fragmentierten Gesellschaft nicht. Für die Klimakommunikation ist es daher wichtig, die Zielgruppe zu identifizieren, sie möglichst gut zu kennen und die Kommunikation auf ihre Bedürfnisse, Werte und Erfahrungen abzustimmen. Es gibt kein „one size fits all“.
Ob wir einer Nachricht Gehör schenken, hängt vor allem davon ab, ob wir den Botschafter:innen vertrauen, die diese Nachricht überbringen. Wenn wir uns mit ihnen identifizieren können und als „eine:r von uns“ wahrnehmen, nehmen wir Inhalte viel eher an.
Die Wahl des richtigen Kommunikationskanals ist entscheidend, um Menschen effektiv für den Klimaschutz zu erreichen. Unterschiedliche Zielgruppen bewegen sich auf unterschiedlichen Plattformen und bevorzugen unterschiedliche Formate. Die einen werden am besten vor Ort oder über die Gemeindezeitung erreicht, die anderen über TikTok, wieder andere am besten über einen Newsletter. Wer erfolgreich mit seiner Zielgruppe in den Dialog treten will, muss wissen, welche Kommunikationskanäle sie nutzt und wie man diese richtig einsetzt.
Faktenwissen allein überzeugt nicht, denn wir Menschen entscheiden „aus dem Bauch heraus“. Deshalb ist es wichtig, in der Kommunikation Gefühle zu wecken und an Werte anzuknüpfen. Gefühle beeinflussen nicht nur, wie wir Veränderungen wahrnehmen und verarbeiten, sondern auch, wie erfolgreich sie letztlich umgesetzt werden können. Sie zeigen uns, ob unsere Bedürfnisse erfüllt werden oder nicht und liefern uns damit wichtige Handlungsmotivation. Werte prägen unsere Vorstellungen von einem guten Leben und beeinflussen damit, welchen Themen wir Priorität einräumen. Klimaschutz wird für uns dann relevant, wenn wir ihn im Einklang mit unseren Werten verstehen.
Die Bedrohung durch den Klimawandel ist ernst, und die Gefahr wächst mit den Treibhausgasen in der Atmosphäre. Gleichzeitig müssen wir uns gut überlegen, welche Gefühle wir mit unseren Botschaften auslösen: Angst kann nämlich auch Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht umschlagen. Dringlichkeit motiviert, wenn sie mit Lösungen verbunden ist.
Der Klimawandel erscheint oft zu weit weg vom eigenen Leben. Die Antarktis oder das Jahr 2100 haben scheinbar wenig mit unserem Leben zu tun. Deshalb ist es wichtig, abstrakte Beispiele und Argumente zu vermeiden und stattdessen die direkten Auswirkungen des Klimawandels auf den Alltag und den konkreten Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen aufzuzeigen: Generell gilt: Klimawandel und Klimaschutz betreffen uns in vielen Lebensbereichen. Deshalb kann jedes Thema aus der Klimaperspektive betrachtet werden: Jede Geschichte ist eine Klimageschichte.
Was „die anderen“ tun, hat einen großen Einfluss auf uns. So genannte „soziale Normen“ beschreiben Verhaltensweisen und Ansichten, die in bestimmten Gruppen als „normal“ gelten. Wir müssen diese Menschen nicht persönlich kennen - sie sind Teil der sozialen Gruppen, denen wir uns zugehörig fühlen. Werden klimafreundliche soziale Normen kommuniziert, kann dies Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen schaffen und Menschen motivieren, in klimafreundliche Infrastruktur wie Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen zu investieren oder selbst klimafreundlich zu handeln.
Avocado oder heimische Gurke? Stoff- oder Plastiksackerl? Avocado oder heimische Gurke? Stoff- oder Plastiktüte? Die Antwort lautet: Um nicht zu überfordern, sollten wir uns in der Kommunikation nicht in Details verzetteln, sondern uns auf die großen Hebel konzentrieren. Österreichs Treibhausgasbelastung findet vor allem in vier konkreten Sektoren statt: Energie/Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft. Wir sollten auch kommunizieren, wo Veränderungen den größten Unterschied machen.
Wer über Probleme spricht, schafft Probleme, wer über Lösungen spricht, schafft Lösungen. Für alle CO2-Problemfelder gibt es machbare und bezahlbare klimafreundliche Lösungen. Aber Vorsicht vor Pseudolösungen, Einzellösungen und Greenwashing. Klimaschutz ist mehr als "kein CO₂". Wenn es den Treibhauseffekt nicht gäbe, wären viele Maßnahmen wie aktive Mobilität, ausgewogene Ernährung und Energieunabhängigkeit trotzdem sinnvoll. Klimafreundliche Lösungen machen unser Leben besser - unabhängig vom Klimaschutz. Lassen wir also unsere Phantasie spielen und reden wir über die Chancen von Klimaschutzlösungen, die so genannten “Co-Benefits”. Am besten nicht theoretisch, sondern anhand von authentischen Erfolgsgeschichten: mit lokalem Bezug und den Menschen im Mittelpunkt.
Seit jeher sind Menschen "Geschichtenerzähler:innen". Viele Informationen wurden und werden in dieser Form weitergegeben und verbreitet. Auch der Klimaschutz braucht Geschichten. Wir sollten deshalb Botschaften mit authentischem und wirkungsvollem Storytelling über Menschen und – noch besser – Gemeinschaften vermitteln.
Welche Bilder und Gefühle weckt der Begriff „globale Erwärmung“ im Gegensatz zu „ Erderhitzung“, „Klimawandel“ oder „Klimakrise“? Versteht die Zielgruppe den Begriff „Dekarbonisierung“ oder sollte die lebensnähere Formulierung „weg von Öl und Gas" verwendet werden? Beim Framing geht es darum, darauf zu achten, welche Begriffe wir verwenden, welche Bilder sie hervorrufen und welche Aspekte dadurch in den Vordergrund gerückt werden.
Rauchende Schlote, Eisbären, Wüstenböden und Demonstrationen waren lange Zeit die beliebtesten Klimabilder. Sie haben eines gemeinsam: Unentschlossene Menschen werden von diesen Bildern kaum erreicht. Wählen wir authentische, ungewöhnliche, lebensnahe Bilder, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und positive Emotionen wecken.
Große Veränderungen wie der Umbau unserer Energieversorgung führen immer zu Verunsicherung und machen die Menschen anfälliger für Desinformation und Verzögerungsargumente. Diese werden immer subtiler, weil es in der öffentlichen Debatte nicht mehr darum geht, ob man für oder gegen Klimaschutz ist. Vielmehr geht es darum, wer wann welchen Klimaschutz umsetzen soll. Klimaschutz wird nun verhindert, indem Scheinlösungen propagiert, Zweifel an tatsächlich wirksamen Maßnahmen gesät und Klimaschutzakteur:innen delegitimiert werden. Die große Mehrheit der Bevölkerung will Klimaschutz. Aber kleine Gruppen von Gegner:innen können manchmal sehr laut sein. Deshalb gilt: Nicht defensiv, sondern selbstbewusst reagieren. Lassen wir uns nicht auf nervenaufreibende Faktenschlachten ein, bieten wir „Trollen“ keine Bühne und stellen wir die eigene Botschaft in den Mittelpunkt.