© iStock.com/paulaphoto

"Klimamythen auf der Spur"

Zwischen Ideal und Realität: Was Einzelne wirklich fürs Klima tun können

Sätze wie ‚Es muss nur jede:r bei sich selbst anfangen.‘ sind oft zu hören, wenn es um den Umgang mit der Klimakrise geht. Aber was kann eine einzelne Person wirklich bewirken? 

In unserer Serie „Klimamythen auf der Spur“ räumen wir mit gängigen Mythen rund ums Klima auf. Dieses Mal erklärt Alexandra Polič, warum individuelle Berhaltensänderungen allein nicht reichen, um die Klimakrise einzudämmen, und was wir stattdessen tun können.

© iStock.com/paulaphoto

Stellen wir uns ein besonders umweltfreundliches Leben vor: Ich fliege nie und ernähre mich konsequent vegan. Ich teile mir mit einer weiteren Person eine 60-Quadratmeter-Wohnung. Ein eigenes Auto habe ich nicht, nur gelegentlich nutze ich ein Taxi. Meine Hobbys kommen ohne viel Material oder spezielle Ausrüstung aus. Selbst im Urlaub achte ich darauf, möglichst wenig Ressourcen zu verbrauchen.

Ich gebe diese Daten in den österreichischen Fußabdruck-Rechner des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK) ein. Er zeigt, wie viel Fläche mein Lebensstil beansprucht – etwa für Nahrung oder Rohstoffe. Obwohl ich mit diesen Annahmen etwa ein Drittel besser abschneide als der Durchschnitt, sagt mir das Programm: „Wenn alle so lebten wie Sie, bräuchten wir 2,4 Planeten.“ Warum ist das so?

Der ökologische Fußabdruck - und was dahinter steckt

Der ökologische Fußabdruck besteht aus zwei Teilen: zum einen aus der Fläche, die jede Person durch ihren eigenen Lebensstil direkt verbraucht – etwa durch Ernährung, Wohnen oder Mobilität. Der zweite Teil ist der sogenannte „graue Fußabdruck“. Er umfasst die Fläche, die im Schnitt für die gesellschaftliche Infrastruktur gebraucht wird: Schulen, Krankenhäuser, Energieversorgung, Straßen oder das Justizsystem. Auch Unternehmen, die für unseren Konsum produzieren – oft weltweit –, schlagen zu Buche. 

Auch wenn wir diese Flächen individuell nicht beeinflussen können, fließen sie in die Gesamtbilanz ein. Der Soziologe Sighard Neckel bringt es im Gespräch mit dem Deutschlandfunk auf den Punkt: „Wir sind alle angeschlossen an Produktionssysteme, an Verkehrssysteme, an Energiesysteme, auf die wir nicht immer wirklich entscheidenden Einfluss haben.“ 

Allein durch persönlichen Verzicht lässt sich unser Fußabdruck nicht auf „eine Erde“ drücken – so die nüchterne Botschaft des Rechners. Zu stark sind die Strukturen, die unseren Alltag mitprägen.

Weniger ist nicht genug – es braucht veränderte Rahmenbedingungen

Damit klimafreundliches Leben für viele Menschen möglich wird, muss sich also das Umfeld ändern. Wohnungen müssen so gedämmt werden, dass sie weniger Energie verbrauchen – und diese Energie sollte aus erneuerbaren Quellen stammen. Öffentliche Verkehrsmittel müssen so zuverlässig und häufig fahren, dass niemand das Auto vermisst. Radwege sollen sicher sein – auch für Kinder. Und im Supermarkt dürfen pflanzenbasierte Produkte nicht teurer sein als Fleisch. Erst wenn solche klimafreundliche Strukturen flächendeckend vorhanden sind, können wir unseren Fußabdruck auf die notwendige Fläche verkleinern. 

Strukturen verändern statt nur Verhalten: Wie wir mehr bewirken können

Wir sollten jedoch nicht darauf warten, dass sich diese Bedingungen von selbst ändern. Genau hier setzt das Konzept des Handabdrucks an. Es ermutigt uns, Strukturen dort zu verändern, wo individuelle Verhaltensänderungen an ihre Grenzen stoßen. Idealerweise suchen wir uns dafür Motivation und Unterstützung von Gleichgesinnten.

„Das Wichtigste, das ein Einzelner heute tun kann, ist, nicht alleine zu bleiben.”

Der Handabdruck soll dabei helfen, ein klimafreundliches Leben für alle Menschen einfacher und mit der Zeit auch günstiger zu machen. Dementsprechend wird auch der österreichische Fußabdruck-Rechner des BMLUK künftig um den Handabdruck erweitert.

Individuelle Wirkung zählt – vor allem im sozialen Umfeld

Trotzdem: Klimaschonendes Verhalten ist nicht umsonst. Wer seinen ökologischen Fußabdruck verkleinert, leistet einen wichtigen Beitrag – und setzt damit ein Zeichen. Denn Menschen orientieren sich stark an ihrem Umfeld. Wenn wir niemanden kennen, der Klimaschutz ernst nimmt, fühlen wir uns darin bestätigt, es auch nicht zu tun. Umgekehrt können engagierte Vorbilder uns motivieren, selbst aktiv zu werden.

Ein umweltfreundlicher Lebensstil ist wichtig, aber nicht genug. Es gibt nämlich viele Strukturen, die einem klimafreundlichen Leben im Weg stehen. Wir können mehr bewirken, wenn wir uns zusammenschließen und diese Strukturen gemeinsam verändern. So wird Klimaschutz einfacher und für alle möglich.

Mädchen spielen mit Fingerfarben © istock/Photolyric Stock Productions (Klöpper & Eisenschmidt GbR)