Objekt des Monats 10/2020: BOKU Ilse Wallentin Haus, 1190 Wien

Das neue Seminargebäude der Universität für Bodenkultur Wien wurde am 12. Oktober 2020 feierlich eröffnet. Es erreicht mit 965 Punkten klimaaktiv GOLD Standard. Namensgeberin ist Ilse Blasch, geborene Wallentin, die 1924 als erste Frau an der BOKU promovierte.

Die Universität für Bodenkultur Wien als Universität des Lebens und der Nachhaltigkeit lehrt und forscht nicht nur an diesen Themen, sie lebt sie auch. Dem Architekturbüro SWAP gelang es, das Nachhaltigkeits-Credo der BOKU in Architektur zu übersetzen. Christoph Falkner von SWAP Architekten: „Der spezielle Charakter des Gebäudes liegt im Dialog des Innenraums aus dem natürlichen Baustoff Holz mit dem umschließenden Grünraum. So entstanden Wohlfühlräume zum Studieren und Forschen."

Zukünftig wird auf 3016 m2 Lehre und Forschung in unterschiedlichen Nutzungszonen stattfinden: eine Seminarzone für rund 500 Studierende, Bibliotheksräume und Userräume für rund 130 Studierende, eine Institutszone mit 114 Arbeitsplätzen und rund tausend Quadratmeter Nutzfläche im 2. und 3. Obergeschoß.

Effizientes Niedrigenergiehaus in Holzbauweise

Die Fassade besteht aus unbehandeltem Lärchenholz, die Tragstruktur wird zum Gestaltungselement. In den vier oberirdischen Geschoßen liegt der Holzanteil der verbauten Materialen bei 78%. Für die Konstruktion wurde ca. 1000 m³ Holz in Form von Brettschichtholz bei Stützen und Träger, sowie Brettsperrholz-Platten für die Decken verarbeitet.

Über die raumhohe 3-Scheiben Wärmeschutzverglasung wird ein Dialog zwischen Innenraum und grüner Umgebung hergestellt. Durch das Öffnen einzelner Elemente kann je nach Jahreszeit auch der angehobene Platz als Terrasse, Marktplatz oder Treffpunkt für Studierende genutzt werden.

Die hochwärmegedämmte Gebäudehülle reduziert den Heizwärmebedarf auf 21,5 kWh/m²a, die Energiebilanz entspricht somit dem eines Niedrigenergiehauses. Geheizt wird mit Fernwärme, über einen Heiz-Kühl-Estrich erfolgt eine behagliche Wärmeabgabe. Gegen die sommerliche Überhitzung wurde ein außenliegender Sonnenschutz montiert, zusätzlich ist eine aktive Kühlung über den Estrich möglich. Rückkühler am Dach erlauben Free-Cooling.

Das Seminarzentrum und die Bibliothek sind mit einer mechanischen Lüftung ausgestattet, über die die Luft nach Bedarf auch be- und entfeuchtet wird. Gesunde Raumluft wird durch die Vermeidung von Lösungsmitteln und anderen Schadstoffen sichergestellt.

Digitalisierung ab der Planungsphase

Mit Hilfe des Grundrisskonfigurators (Software „Eva“, rapidlayouting.com) konnten schon in der frühen Planungsphase eine Vielzahl von Varianten der Raumaufteilung als 3D-Modell durchgespielt werden, um schließlich die optimale Konfiguration weiterzuentwickeln. Die Bauherren waren dabei interaktiv in den Planungsprozess eingebunden. Das Konstruktionsmodell wurde schließlich für die Fertigung der Holzbauteile übernommen. Ein begleitendes Monitoring vom Werk bis zum Einbau lieferte Daten zur momentanen Qualität der Bauteile. Sensoren erfassten Temperatur, Feuchte oder Erschütterungen während des Transports und der Bauphase. Diese Daten sind nicht zuletzt für das Facility Management wertvolle Informationen.

Dank vorgefertigter Holzelemente konnte das Seminargebäude in einer Bauzeit von nur 14 Monaten errichtet und somit zwei Monate früher als geplant von der BIG an die BOKU übergeben werden.

Das neue Seminarzentrum ist optimal an das Netz der Wiener Linien angebunden und mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

Beteiligte:

  • Bauherrschaft: BIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H
  • Architektur und Generalplanung: DELTA und SWAP Architekten ZT GmbH
  • Bauphysik: IBO Österreichisches Institut für Bauen und Ökologie GmbH
  • Haustechnik: teamgmi Ingenieurbüro GmbH
Veröffentlicht am 15.10.2020