Der klimaaktiv Kriterienkatalog 2020

Mit September 2020 gibt es eine Neuauflage der klimaaktiv Kriterienkataloge für alle Gebäudekategorien Neubau und Sanierung. Anlass für die Überarbeitung waren die Änderungen der OIB-Richtlinie 6 (2019) Energieeinsparung und Wärmeschutz sowie der damit mit geltenden Normen.

Diese notwendige Überarbeitung wurde für eine Schärfung und teilweise Neuausrichtung des gesamten Kriteriensets zu den Themen CO2-Neutralität und Klimawandelanpassung genutzt. Das Bewertungssystem wurde um neue Themen und Kriterien erweitert, umstrukturiert und entsprechend neu bepunktet. Der neue Kriterienkatalog schließt den Einsatz fossiler Energieträger bei klimaaktiv Gebäuden nun grundsätzlich aus und schärft die Qualitätsanforderungen im Bereich der Energieeffizienz. Außerdem stellt er höhere Anforderungen an Infrastruktur und umweltverträgliche Mobilität sowie auch an die Umweltverträglichkeit von eingesetzten Baustoffen und Produkten.

Die wesentlichsten Änderungen im Überblick:

Keine fossilen Energieträger bei klimaaktiv Gebäuden, strengere Grenzwerte bei der Effizienz

So effizient wie möglich und den Restenergiebedarf mit erneuerbarer Energie abdecken!

Wärmebedarf und Wärmeversorgung nehmen im klimaaktiv Kriterienkatalog einen zentralen Stellenwert ein. Ziel ist es, den Wärmebedarf der Gebäude zu senken und die Effizienz der Energieversorgung zu verbessern werden. Zusätzlich sollen Energieträger gewählt werden, die das Klima wenig belasten und Solarenergie soll vor Ort thermisch oder durch PV-Anlagen genutzt werden.

Kohle, Öl- und Gasheizungen sind im Neubau generell sowie in Sanierungen mit Austausch des Wärmeerzeugers ab Katalogversion 2020 grundsätzlich nicht mehr zulässig. Damit wird im Sinne der internationalen und nationalen klimapolitischen Ziele ein klares Zeichen zur Dekarbonisierung gesetzt und der Umstieg auf Erneuerbare Energien forciert. Einziger Ausnahmefall: Bis zu 12 Jahre alte Gas-Brennwertkessel dürfen im Falle von größeren Sanierungen ohne Austausch des Wärmeerzeugers bis zum Ende ihrer technischen Lebensdauer im Gebäude verbleiben, wenn ein schrittweiser Sanierungsfahrplan mit Umstieg auf ein nicht fossiles Wärmesystem vorgelegt wird. Die Berechnung der Energiekennzahlen HWBRef,RK , gesamter Primärenergiebedarf PEBSK, ,spezifischen Kohlendioxidemissionen  CO2,SK kann wie bisher nach OIB-Richtlinie 6 (Ausgabe April 2019), nach PHPP (Version 9) oder - wo erforderlich – ab Katalogversion 2020 nun auch durch dynamische Gebäudesimulationen erfolgen.

Höhere Anforderungen an Infrastruktur und umweltfreundliche Mobilität

Die Infrastruktur in Standortnähe und Maßnahmen zur Unterstützung klimaverträglicher Mobilität werden im neuen Kriterienkatalog aufgewertet. Steht beispielsweise kein entsprechend qualitativer Anschluss an den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung, muss künftig mit Elektromobilität kompensiert werden oder für den Standort ein eigenes alternatives Mobilitätskonzept vorgelegt werden.

Neue Kriterien für Begrünung, Energieflexibilität, Kreislauffähigkeit sowie Tageslicht

Klimawandelanpassung, Netzdienlichkeit und Speicherfähigkeit sowie Kreislauffähigkeit von Baustoffen bis hin zu Komfortthemen im Sommer wie auch im Winter sind zentrale Themen für zukunftsfähige, klimaneutrale Gebäude. Im klimaaktiv Kriterienkatalog 2020 wurden deshalb neue Kriterien definiert, mit denen diese Schwerpunkte behandelt und im Sinne des klimaaktiv Systems bewertet werden. Die wichtigsten neuen Kriterien sind:

  • Mit der Einführung des Grün- und Freiflächenfaktors GFF bei der Gebäudebewertung werden die Themen Gebäudebegrünung und Versiegelung berücksichtigt.
  • Energieflexibilität: Gebäude mit einer entsprechenden Energieflexibilität bieten die Voraussetzung, Strom-bzw. Wärmelasten in Abhängigkeit vom Anteil an erneuerbaren Quellen im Energiesystem zu verschieben und dadurch die Strom- bzw. Wärmenachfrage zu flexibilisieren. Bewertet wird das Ausmaß der thermischen Flexibilität des Gebäudes, die Speicherfähigkeit bzw. das Vorhandensein von Regelsystemen zur Optimierung.
  • Kreislauffähigkeit und Rückbaukonzept: Mit der Vorlage eines Rückbaukonzeptes werden die eingesetzten Materialressourcen eines Gebäudes schon in der Planung auf ihre Wiederverwendung und Verwertung geprüft.  Ziel ist die Vermeidung, Wiederverwendung sowie Verwertung und Entsorgung von eingesetzten Materialien zu optimieren.
  • Tageslichtversorgung als Kriterium auch im Wohnbau: Nicht nur die Beleuchtungssysteme selbst bieten große Einsparpotenziale sondern die Reduktion der Betriebsstunden durch entsprechende Tageslichtplanung und Regelung der künstlichen Beleuchtung. Zudem trägt eine optimierte Tageslichtversorgung auch wesentlich zum Wohlbefinden in Innenräumen bei. Der Einfluss der Fensterflächen hinsichtlich Wärmeverlusten im Winter und Wärmeeintrag im Sommer wird über Kriterien „Heizwärmebedarf“ und „Sommertauglichkeit“ abgebildet.

Der Einsatz von umweltfreundlichen Produkten wird noch stärker belohnt

Neben der Energieeffizienz und Standortqualität sind auch Kriterien für Baustoffe und Konstruktion für klimaaktiv Gebäude maßgeblich. Diese Kriterien befassen sich vorrangig mit den Umweltauswirkungen des Bauens. Der Einsatz von klimaschädlichen Baustoffen ist in klimaaktiv Gebäuden nicht zulässig. Das Bewertungskonzept für Baustoffe und Konstruktion bei klimaaktiv beinhaltet folgende Aspekte:

  • Ausschluss von klimaschädlichen Substanzen und besonders besorgnis­erregenden Substanzen
  • Vermeidung von Baustoffen, welche in einer oder mehreren Phasen des Lebenszyklus Schwächen aufweisen
  • Förderung von Produkten und Komponenten mit Umweltzeichen

Die Anerkennung von Produkten, Produktgruppen und Komponenten mit dem Österreichischen Umweltzeichen wurde erweitert. Ziel ist, dass möglichst viele Produkte, die in Puncto Umweltverträglichkeit und Schadstoffminimierung qualitätsgesichert sind, im Gebäude eingesetzt werden.

EINE gemeinsame Online Deklarationsplattform für Wohn- und Dienstleistungsgebäude

Voraussetzung für die Auszeichnung eines Gebäudes nach den klimaaktiv Kriterien ist die Gebäudedeklaration auf der Online-Plattform. Mit der Veröffentlichung des klimaaktiv Kriterienkataloges 2020 wird die Deklaration aller Gebäudetypen auf EINER Plattform, der baudock, zusammengeführt. Damit wird die Deklaration und Projektverwaltung wesentlich vereinfacht.

Alle Gebäude nach dem Kriterienkatalog 2020 (OIB-Richtlinie 6, 2019) können auf der Deklarationsplattform baudock deklariert werden.

Alle Wohngebäude, die nach dem Gebäudekatalog 2017 (OIB-Richtlinie 6, 2015) bereits auf der Plattform baubook angelegt sind, können dort weiterhin bearbeitet und abgeschlossen werden.

 

 

Die Anwendung der Deklarationsplattformen im Überblick
Deklaration nach Katalog 2017 (OIB-RL6, 2015) Deklaration nach Katalog 2020 (OIB-RL 6, 2019)

Wohngebäude Neubau und Sanierung
Deklaration auf der baubook
Nur Bearbeitung bereits bestehender Gebäude über www.baubook.at

Dienstleistungsgebäude, Neubau und Sanierung
Deklaration auf der baudock
Eingabe über http://klimaaktiv.baudock.at

Wohngebäude Neubau und Sanierung
Dienstleistungsgebäude, Neubau und Sanierung

Deklaration auf der baudock
Eingabe über http://klimaaktiv.baudock.at

 

 

Die baubook wird infolgedessen als Bauproduktplattform geschärft. Informationen zu Baumaterialien, Komponenten und Haustechnik werden verstärkt über baubook zur Verfügung gestellt.

Hinweis: Die detaillierten Kriterienkataloge zu ALLEN Gebäudetypen können Sie nach der Registrierung direkt auf der Deklarationsplattform baudock einsehen und ausdrucken. 

Mehr Informationen dazu: „Ihr Weg zum klimaaktiv Gebäude“

 

Neuverteilung der Punkte in den vier Bewertungskategorien

Eine wichtige Änderung betrifft die Neuverteilung der Kriterien und Punkte im Bewertungssystem: Ab nun werden in allen Katalogen die Punkte wie folgt verteilt:

 

Verteilung der maximal erreichbaren Punkte 2020 nach Bereichen
Bereiche max. Punkte
Kapitel A. Standort 150 Punkte
Kapitel B. Energie und Versorgung 550 Punkte
Kapitel C. Baustoffe und Konstruktion 150 Punkte
Kapitel D. Komfort und Gesundheit 150 Punkte

 

Durch die Umschichtung der Kriterien „Betriebs- und Qualitätssicherung“ in den Bereich B sowie die Definition eines neuen Kriteriums zum Thema „Innovative Effizienztechnologie“ kommt es zu einer Anhebung der Punkte im Kapitel B „Energie und Versorgung“ auf maximal 550 Punkte. Zentrales Ziel von klimaaktiv bleibt weiterhin der Klimaschutz, mit den Schwerpunkten niedriger Energieverbrauch und Einsatz erneuerbarer Energieträger.

Gebäude in klimaaktiv Qualität bringen weit mehr als energetische Optimierung: Sie bieten bei Einhaltung von nachvollziehbaren Maßnahmen der Qualitätssicherung hohen Komfort und Innenraumluftqualität, punkten mit ökologisch optimierten Materialien und unterstützen verstärkt mit Maßnahmen für umweltverträgliche Mobilität.

Was bleibt gleich?

Die Grundstruktur des Kataloges mit den vier Bewertungskategorien und der Bepunktung mit maximal 1.000 Punkten bleibt unverändert. Ebenfalls unverändert bleiben die Bewertungsstufen

  • Bronze (alle Muss-Kriterien werden erfüllt, keine Bepunktung)
  • Silber (alle Muss-Kriterien werden erfüllt und mind. 750 Punkte erreicht)
  • Gold (alle Muss-Kriterien werden erfüllt und mind. 900 Punkte)

Mehr Informationen zu den Änderungen im Kriterienkatalog 2020

Weitere Informationen zum Gebäudestandard 2020 sowie eine Kurzbeschreibung der Änderung in den vier Bewertungskategorien im Detail finden Sie bei den Bewertungskategorien.

Veröffentlicht am 10.02.2021

Mehr zu diesem Thema

Hier können Sie Ihre Auswahl nach Elementtypen einschränken.