
Gemeinschaftsgefühl statt Schuldgefühle!
Mit Sündenböcken, Schuldzuweisungen und Schuldgefühlen kommen wir nicht weiter. Klimaschutz braucht einen gemeinsamen Kraftakt von uns allen. Gemeinschaftsgefühl, Dialog und der eigene positive „Handabdruck“ in der Community zählen daher mindestens genauso wie das Verringern des eigenen CO₂-Fußabdrucks.

Feindbilder vermeiden
Angriffe auf die Identität, Beschämung und Schuldzuweisungen überzeugen keine Unentschlossenen – ganz im Gegenteil, sie führen zu starken Abwehrreaktionen bei den „Angegriffenen“ und können potenziell gewinnbare Menschen vergrämen. Die dadurch resultierende gesellschaftliche Polarisierung ist ein großes Hemmnis für schnelle, große und vor allem nachhaltige Veränderungen; die USA bieten hier ein abschreckendes Beispiel.
So geht's
Vermeiden Sie den erhobenen Zeigefinger und pflegen Sie keine Feindbilder. Schubladen wie „die Klimaleugner:innen“, „die Ölkonzerne“ oder „die Autofahrer:innen“ etc. sind wenig konstruktiv.
Den „Perception Gap“ reduzieren
Da in der Klimaschutzdebatte oft lautstarke Gegner:innen mitmischen, wird die Anzahl der Personen, die Klimaschutzmaßnahmen zustimmen, oft unterschätzt. Dieser sogenannte Perception Gap sorgt dafür, dass sich Klimaschutzbefürworter:innen in der Minderheit fühlen und deshalb Maßnahmen nicht vehement einfordern. Regierungen wiederum berufen sich auf mangelnde Akzeptanz, wenn sie ihre Klimaziele nicht erreichen. Es gilt daher, wo und wann immer möglich, die Zustimmung zum Klimaschutz sichtbar zu machen.
So geht's
Zeigen Sie, wie hoch das Bewusstsein der Österreicher:innen für Klimaschutz ist. Seriöse Quellen sind beispielsweise die Studien der Europäischen Union und der Europäischen Investitionsbank zu Klimaschutz und Energiewende.
Dialog als Schlüssel
Klimaschutz kann nur gelingen, wenn Menschen sich in ihren Bedürfnissen und Sorgen ernst genommen fühlen, alle in die gleiche Richtung ziehen und wir akzeptieren, dass es verschiedene Wege zum Ziel gibt. Es geht also in unserer Kommunikation nicht darum, unser Gegenüber zu „besiegen“, sondern in die gesellschaftliche Debatte zu Klimaschutz miteinzubinden, einen Nachdenkprozess anzustoßen und unsere Gesprächspartner:innen (oder zuhörende Dritte) einzuladen, sich für Veränderung einzusetzen. Das Ziel sollte sein, dass Menschen mit völlig unterschiedlichen Ansichten, Werten und Identitäten die Erderhitzung als jene Bedrohung wahrnehmen, die sie ist, und zu Klimaschutz beitragen möchten.
So geht's
Es braucht einen gemeinschaftlichen und zwischenmenschlichen Dialog rund um die Themen Klimakrise und die konkrete Ausgestaltung von Klimaschutzmaßnahmen. Der österreichische Klimarat ist hierfür ein herausragendes Beispiel. Er zeigt in einem strukturierten und sichtbaren Prozess vor, dass Bürger:innen aus unterschiedlichen Regionen, Altersgruppen und Milieus in einem Boot sitzen und sich als Gemeinschaft auf Empfehlungen einigen können.
Positivspirale durch Gemeinschaftsgefühl
Da Klimaschutz eine kollektive und keine individuelle Herausforderung ist, sollten wir in unserer Kommunikation das Gemeinsame stets über das Trennende stellen, über gemeinsame Stärken sprechen und an kollektive Identitäten appellieren. Wir sollten zudem Stolz für das wecken, was wir bereits geschafft haben und schützen wollen. Bei alldem sollten wir möglichst im „Wir“ denken und sprechen und uns selbst somit in die Kommunikation miteinschließen.
Gemeinschaftlicher Klimaschutz schafft auch eine Positivspirale. Laut dem norwegischen Psychologen Per Espen Stoknes hat das eigene soziale Netzwerk nämlich einen entscheidenden Einfluss auf unser Verhalten: Erleben wir kollektive Handlungen unserer Gemeinschaft (zum Beispiel unserer Gemeinde, unseres Betriebs oder Vereins oder der Menschen in unserem persönlichen Umfeld), erzeugt das einen positiven „Gruppendruck“ bei allen Beteiligten. Dies ist wesentlich Erfolg versprechender als Appelle an das Individuum.
So geht's
Probieren Sie es mit Aussagen wie:
„Wir in Österreich sind stolz auf unsere hohen schneebedeckten Berge und mächtigen Gletscher. Schützen wir, was wir lieben!“
„Wir in Österreich waren immer stolz auf unseren sauberen Strom aus Wasserkraft – mit neuer Sonnen- und Windkraft bleiben wir Vorreiterland!"

Klimafreundliche Normen in den Vordergrund stellen
Was „die anderen“ machen, hat einen großen Einfluss auf uns. Sogenannte „Soziale Normen“ beschreiben Verhaltensweisen und Ansichten, die in bestimmten Gruppen als „normal“ gelten. Wir orientieren uns in unserem Verhalten und äußeren Erscheinungsbild, unseren Werten und Überzeugungen an Menschen, mit denen wir uns identifizieren. Es ist gar nicht notwendig, dass wir diese Personen persönlich kennen – sie sind Teil der gesellschaftlichen Gruppen, denen wir uns zugehörig fühlen.
Gerade in unsicheren und neuen Situationen kann es hilfreich sein zu beobachten, wie andere reagieren. Das macht soziale Normen zu einem wichtigen Instrument der Klimakommunikation: Ist Klimaschutz für „die anderen“ ein Thema? Welche Klimaschutzmaßnahmen ergreifen sie, welche nicht? Solange wir nicht sehen, dass andere Menschen die Klimakrise ernst nehmen und Handlungen setzen, kann uns dies in der Haltung bestätigen, selbst noch abzuwarten und nichts zu tun. Im Umkehrschluss haben soziale Normen das Potential, Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen zu schaffen und Menschen zu animieren, in klimafreundliche Infrastruktur wie Wärmepumpen und PV-Anlagen zu investieren oder selbst klimafreundlich zu handeln.
So geht's
Wo immer möglich sollten klimafreundliche Standards aufgezeigt und kommuniziert werden. Dies kann andere motivieren, sich ebenfalls klimafreundlich zu verhalten.
Ein gutes Beispiel:In Kalifornien wurde Teilnehmenden einer Studie gezeigt, wie viel Energie sie im Vergleich zu ähnlichen Haushalten verbrauchen. Diese Information animierte sie, ihren Energieverbrauch zu senken.
Klimaschädigendes Verhalten nicht als „normal“ kommunizieren
Um klimaschädliche Verhaltensweisen nicht künstlich festzuschreiben und um keinen Grund für bequeme Ausreden (wie „die anderen machen‘s ja auch“) zu liefern, sollten wir klimaschädliche Normen nur mit Bedacht kommunizieren.
So geht's
Statt die Meldung „Billigflüge sind weiterhin beliebt“ zu verbreiten, sollten wir lieber auf dynamische Normen (siehe unten) setzen und klimafreundliche Trends wie „Nachhaltige Reisen werden immer beliebter“ hervorstreichen.
Soll- und Ist-Normen in Einklang bringen
Soll-Normen sind Überzeugungen darüber, welches Verhalten als angemessen oder wünschenswert angesehen wird. Beispielsweise sind viele Menschen der Meinung, dass man in öffentlichen Verkehrsmitteln keine laute Musik hören und damit andere stören sollte. Ist-Normen hingegen beschreiben das tatsächliche Verhalten, das heißt, ob sich Menschen an die Soll-Norm halten (und zum Beispiel im Bus leise sind) oder nicht. Stimmen Soll- und Ist-Norm nicht überein, setzt sich die Ist-Norm durch. Soll-Normen wie „Wir sollen Energie sparen“ können daher nur dann wirksam kommuniziert werden, wenn wir belegen können, dass sich die Menschen auch daran halten.
So geht's
Erhöhen Sie die Wirksamkeit von Kampagnen, indem Sie Soll-Normen (Beispiel: „Mach mit beim Klimaschutz und nimm das Fahrrad“) durch Ist-Normen ergänzen (Beispiel: „60 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fahren mit dem Rad“).
Dynamische Normen nutzen
Dynamische Normen beschreiben Trends. Beispiele sind, dass vegane Ernährung immer beliebter wird, immer mehr Eltern ihre Kinder mit dem Transportrad in den Kindergarten bringen oder immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitenden ein JobRad zur Verfügung stellen. Gute Neuigkeiten für die Klimakommunikation: Das Aufzeigen dynamischer Normen motiviert, diesem Trend zu folgen, auch wenn er (noch) nicht der vorherrschenden Norm entspricht. Laut der Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke [BPQ1] motivieren dynamische Normen sogar stärker als jede andere Norm.
So geht's
Zeigen Sie anhand aktueller Umfragen auf, welche klimafreundlichen Trends es gibt. Im Mobilitätsbereich liefert zum Beispiel der VCÖ immer wieder spannende Zahlen und Fakten.