Projekt FLADEMO: Mobilitätsbedürfnisse ohne Pkw decken - was braucht es dazu?

Das Projekt FLADEMO der Technischen Universität Wien legt die Basis für weitere Forschungsaktivitäten zum Thema garantierte Deckung der Mobilitätsbedürfnisse für alle Menschen in Österreich, die auch im aktuellen Regierungsübereinkommen verankert ist.

In Österreich haben derzeit noch 20 Prozent der Bevölkerung (an Werktagen in Schulferien) beziehungsweise 15,4 Prozent (an Schultagen) keinen ausreichenden Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖV). Das bedeutet, weder der bundesweite Mindeststandard von vier Abfahrten pro Richtung pro Tag noch die maximale Distanz von 1.250 Metern zur nächsten Station sind für diese Menschen gegeben. Die Folge: Es gibt weniger Möglichkeiten, die Alltagswege klimafreundlich und ohne Pkw zurückzulegen. Das ist das erste Ergebnis des von der Technischen Universität Wien (TU Wien) gestarteten FLADEMO-Projekts zu der sogenannten flächendeckenden Mobilitäts-Servicegarantie (fMSG). Ziel einer solchen Servicegarantie ist, allen Bewohner:innen in Österreich Zugang zu umweltfreundlichen und leistbaren Mobilitätsangeboten nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land zu ermöglichen.

Mix unterschiedlicher Verkehrsmittel mit aktiver Mobilität als Basis der nationalen Servicegarantie

Im Regierungsübereinkommen 2020–2024 wird die Sicherstellung einer österreichweiten, flächendeckenden Mobilität-Servicegarantie als wesentliche Maßnahme definiert. Durch genügend Mobilitätsangebote sollen damit Menschen die Möglichkeit haben, ohne Auto an sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten teilzunehmen – mit besonderer Rücksicht auf einen barrierefreien Zugang der Transportmittel für die Alltagswege. Die Angebote sollen zudem zum Umstieg auf nachhaltige Mobilitätsformen motivieren, was zur Erreichung der Klimaschutzziele essenziell ist.

Zu diesen Mobilitätsservices zählen unter anderem ein ganztägiges ÖV-Angebot von Bahn, Bus und Straßenbahn, aber auch neue Verkehrsdienstleistungen wie Carsharing, Sammeltaxis sowie Mikro-ÖV (bedarfsorientierte, lokale und kleinregionale Systeme des öffentlichen Verkehrs) und eine gute Infrastruktur für den Radverkehr. Die Ergebnisse in FLADEMO zeigen jedoch, dass eine reine Verdichtung des ÖV-Angebotes alleine nicht zielführend ist. Auch die Aktive Mobilität spielt eine wichtige Rolle: Der Nutzen von aktiver Mobilität findet sich nicht nur im städtischen Raum, sondern auch im ländlichen Raum etwa bei den Zugangswegen und Tür-zu-Tür-Wegen wieder und ist daher ein wichtiges Element zur Erfüllung der ökologischen Ziele der flächendeckenden Mobilität-Servicegarantie (fMSG).

Projektempfehlungen als Startpunkt für weitere Diskussion

Im Projekt wurde zunächst die Ausgangssituation untersucht sowie eine Analyse der Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer sowie der Stakeholder durchgeführt. Aufbauend auf dieser Basis wurde eine flächendeckende Mobilität-Servicegarantie sowie mögliche Ausprägungen im Rahmen von Szenarien mit unterschiedlichen Schwerpunkten definiert.

Davon ausgehend wurden Empfehlungen sowie Umsetzungsperspektiven erarbeitet. Die Autor:innen der Studie betonen jedoch, dass die Ergebnisse im FLADEMO-Abschlussbericht als eine Art Gedankenexperiment und nicht als fertige, konkrete Formulierung einer flächendeckenden Mobilität-Servicegarantie (fMSG) in Österreich zu verstehen sind.

Es gibt noch viele offene Fragen zur Umsetzung solcher Garantien; mit der Studie wurde aber schon eine wesentliche Grundlage erstellt, auch indem die Rollen von Bund, Ländern und Privaten (zum Beispiel durch den Kauf eines E-Bikes) umrissen werden. Die Autor:innen sehen bei der Finanzierung der flächendeckenden Mobilitäts-Servicegarantie (fMSG) jedenfalls den Bund vorrangig in der Verantwortung.

Finanziert wurde die Studie im Rahmen des Programms „Mobilität der Zukunft“ durch das BMK und koordiniert von der TU Wien mit zahlreichen Kooperationspartnern.

VCÖ-Barometer zur flächendeckenden Mobilität-Servicegarantie: Radverkehr und ÖV ausbauen

Mit der flächendeckenden Mobilitätsgarantie hat sich auch der VCÖ intensiv auseinandergesetzt. Dazu wurden 200 Personen aus dem Fachbereich Mobilität befragt - unter anderem dazu, welche Investitionen Sie am zielführendsten halten, um bis 2030 eine flächendeckende Unabhängigkeit vom Privaten Pkw zu erreichen.

98 Prozent der Befragten halten den schienengebundenen Öffentlichen Verkehr als einen eher oder sehr wichtigen Investitionsbereich. Fast genauso wichtig sind Investitionen in den Öffentlichen Busverkehr und in Fahrrad-Abstellanlagen an Bahn- und Bushaltestellen, um Bike and Ride zu ermöglichen.

Dicht gefolgt davon sind Investitionen in Radwege, sowohl innerorts als auch außerorts zwischen Gemeinden. Investitionen werden auch in die Verknüpfung von Rad und Bahn gefordert, insbesondere in sichere Abstellmöglichkeiten für E-Bikes.

Vielfach gefordert werden auch Investitionen in eine gerechtere Aufteilung des öffentlichen Raums durch Reduktion von Parkplätzen und Fahrbahnbreiten, um so Platz für klimaverträgliche Mobilität zu schaffen.

Veröffentlicht am 20.10.2022