Die starke Abhängigkeit von russischem Gas stellt ein ernstzunehmendes Problem für Österreich dar, beziehen wir hierzulande doch rund 80 Prozent des heimischen Gasverbrauchs aus Russland. Österreich zählt somit zu den EU-Mitgliedsstaaten mit der höchsten Abhängigkeit gegenüber russischen Importen. Die EU will russische Gasimporte bis Ende des Jahres drastisch reduzieren, bis 2027 soll der komplette Import-Ausstieg vollzogen werden. Durch die aktuelle Situation rund um die russische Invasion in der Ukraine steht die Diskussion über ein Gas-Embargo tagtäglich in den Medien. Gleichzeitig droht die russische Regierung mit einem Gas-Lieferstopp. Weitere Lieferungen russischen Erdgases an Polen und Bulgarien wurden bereits von Russland unterbunden.
Diese über Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit gegenüber Importen fossiler Energie aus Russland soll nun mit vereinten nationalen und internationalen Kraftanstrengungen vollzogen werden. Alternativen zu fossiler Energie sind vorhanden, auch in Österreich. Die vom Klimaschutzministerium kommunizierte Strategie zum Ausstieg aus russischem Gas sieht eine Umsetzung von 3 wesentlichen Maßnahmen vor. Zum einen soll der Gasverbrauch um 30% bis 2030 reduziert werden. Eine weitere Reduktion der Gasimporte soll durch eine erhöhte Aufbringung von erneuerbaren Gasen im Inland forciert werden. Der verbleibende Importbedarf soll diversifiziert aus alternativen Quellen bezogen werden. Werden diese Maßnahmen umgesetzt, so sei eine Unabhängigkeit von russischem Gas bis zum Jahr 2027 realistisch.
Die inländische Aufbringung von erneuerbaren Gasen stellt somit eine der wesentlichen Säulen dar, um den Importbedarf russischen Erdgases auf ein verringertes Niveau zu bringen. Derzeit ist eine Grüngasproduktion von insgesamt 14 TWh in Österreich bis zum Jahr 2030 in Planung. 10 TWh davon sollen durch Biomethan aus der Vergärung von organischen Abfällen und Reststoffen bzw. aus der Vergasung von Reststoffen der Holzwirtschaft realisiert werden. Grüner Wasserstoff aus erneuerbarem Strom soll mit 4 TWh zur Unabhängigkeit beitragen.
Biomethan aus Biogas gilt als die am schnellsten verfügbare und zukunftssicherste Alternative. Die österreichische Biogasbranche steht bereit, ihren Beitrag zu einem nachhaltigen zukünftigen Energiesystem zu leisten. Derzeit speisen bereits 15 Anlagen durch Aufbereitung von Biogas das erzeugte Biomethan in das österreichische Erdgasnetz ein. Durch die Umstellung bestehender Biogasanlagen auf die Gasnetzeinspeisung könnten über 1 TWh innerhalb von eineinhalb Jahren realisiert werden. Zudem besitzt Österreich bereits heute über die nötigen Spitzentechnologien im Bereich der organischen Abfallbehandlung, Nutzung von Reststoffen aus Land- und Holzwirtschaft und der Gasaufbereitung um bis 2030 rund 10% des nationalen Erdgasbedarfes durch klimaneutrale Alternativen zu ersetzen.
Durch die Erschließung weiterer Potentiale könnte der Anteil an Grünem Gas in Österreich weiter angehoben werden. Ein sehr hohes Potential in Österreich liegt etwa bei der Nutzung von organischen Abfällen und Reststoffen der Land- und Forstwirtschaft vor. Nach wie vor besteht der Restmüll Österreichs aus bis zu 40 % aus biogenen Abfällen. Organische Abfälle und Reststoffe stehen in keiner Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion, im Gegenteil, durch die Sammlung und Vergärung dieser Materialien können die darin enthaltenen Nährstoffe im Kreislauf gehalten werden und dadurch die Importnotwendigkeit mineralischer Dünger substituieren. Durch diese Nährstoffrückführung könnten bis zu 75% der nationalen Weizenproduktion mit in Österreich recycelten Nährstoffen aus organischen Abfällen versorgt werden und so ein wesentlicher Beitrag zur Kreislaufwirtschaft beigetragen werden. Werden die vorliegenden Potentiale erschlossen, können alleine mit Biomethan aus Biogas und Holzgas mittelfristig 40 % des Gasbedarfes durch inländische Erzeugung gedeckt werden.
Die österreichische Gasinfrastruktur ist vorbereitet und kann sofort und ohne hohen Kostenaufwand auf den Transport und die saisonale Speicherung klimaneutraler Gase umgestellt werden. Der Ausbau einer inländischen Grüngasproduktion wird zudem nicht nur einen Schritt weg von der Importabhängigkeit russischen Erdgases bedeuten, er wird außerdem zu einer Erhöhung der Versorgungssicherheit und einer Steigerung der Wertschöpfung im eigenen Land beitragen. Rund 50.000 zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich könnten durch den Ausbau der Biomethanproduktion geschaffen werden.
Das in der Umsetzung befindliche Erneuerbare-Gase-Gesetz stellt das noch letzte fehlende Kuchenstück dar, um den Ausbau der inländischen Grüngaserzeugung einzuläuten, benötigte Investitionen ermöglichen, ohne dass es zu überhöhten Finanzierungskosten kommt und so den Markthochlauf zielgerichtet sicherstellen.