Umfassende Verbesserungen für Aktive Mobilität seit StVO Novelle

Mit der 33. Novelle der StVO wurden weitreichende Maßnahmen zur Gleichberechtigung der verschiedenen Mobilitätsformen gesetzt, um eine noch sicherere Aktive Mobilität zu ermöglichen. Der Rad- und dem Fußverkehr erhält dadurch mehr Rechte, mehr Platz und vor allem mehr Sicherheit.

Das Zu-Fuß-Gehen und das Radfahren sind klimafreundliche und gesundheitsfördernde – kurz zukunftsfitte - Mobilitätsarten. Ein Drittel des Energieverbrauchs in Österreich wird durch den Verkehrssektor verursacht. Die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) war ein wichtiger Schritt, um die Bedingungen für den Rad- und Fußverkehr zu verbessern und Aktive Mobilität zu fördern.

„Ganz egal ob in der Stadt, in der Gemeinde oder am Land – wir alle sind viel unterwegs, sei es zu Fuß oder mit dem Rad. Die Vorschriften der StVO spiegeln derzeit die Bedeutung dieser grundlegenden Formen der Mobilität bei weitem nicht wider. Besonders für das Radfahren und Zu-Fuß-Gehen ist es überfällig, die Verkehrsregeln ins 21. Jahrhundert zu holen. Und genau das machen wir mit der Novelle der StVO. Radfahrer:innen und Fußgänger:innen bekommen endlich einen höheren Stellenwert. Und wir verringern dabei auch Barrieren für Menschen, die im Rollstuhl, im Rollator oder einem Kinderwagen unterwegs sind. Das garantiert mehr Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden und bringt ein Mehr an Lebensqualität und Klimaschutz“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Mehr Platz und Sicherheit für Zu-Fuß-Gehende

Gehsteige bieten einen geschützten Raum für Zu-Fuß-Gehende von Jung bis Alt und für Menschen mit unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen. Viele Menschen kennen diese oder ähnliche Situationen: Ein Fahrzeug ragt in den Gehsteig hinein oder ein Verkehrszeichen behindert plötzlich das Vorankommen. Der ohnehin häufig zu geringe Platz am Gehsteig wird dadurch zusätzlich noch beschnitten. Bisher war es nicht verboten, Fahrzeugteile auf Gehsteige oder Radwege hineinragen zu lassen. Seit der 33. Novelle dürfen auf der Fahrbahn parkende Fahrzeuge nicht mehr auf Radwege und Gehsteige hineinragen. Auf Radwegen gilt dieses Verbot absolut, auf Gehsteigen darf für kurze Ladetätigkeiten geparkt werden. In jedem Fall muss aber eine Mindestbreite von 1,5 Metern freigehalten werden.

Diese Regelung gilt übrigens auch für alle anderen möglichen Hindernisse (z.B. Altglascontainer etc.).

Verkehrszeichen, die meist nur für die Regelung des Verkehrs auf der Fahrbahn benötigt werden, mussten bisher mindestens 30 cm vom Fahrbahnrand entfernt aufgestellt werden. Besonders in der Stadt geht diese Regelung zu Lasten des Gehsteigs und verursacht Engstellen für Zu-Fuß-Gehende. Mit der neuen Regelung können die Behörden nun Verkehrszeichen bis 0 cm vom Fahrbahnrand weg aufstellen, womit für den Fußverkehr mehr Platz ermöglicht wird.

Grundsätzlich wird das Überqueren der Fahrbahn für Zu-Fuß-Gehende nicht mehr in "angemessener Eile“ vorgeschrieben. Stattdessen ist nur noch darauf zu achten, sich selbst und andere Verkehrsteilnehmende nicht zu gefährden. Auch der Vorrang für Zu-Fuß-Gehende am Gehweg/Gehsteig gegenüber querende Fahrzeuge wird klar festgeschrieben.

Fahrzeuge dürfen an befahrbaren Haltestellkaps – bei der Haltestelle stehenden Straßenbahnen und Bussen – nur mehr vorbeifahren, wenn die Türen geschlossen sind. Damit erhöht sich die Sicherheit für ein- oder aussteigende Personen. Darüber hinaus müssen Fahrzeuge über 3,5 Tonnen innerorts beim Rechtsabbiegen Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn mit Rad- oder Fußgängerverkehr zu rechnen ist.

Seit der 33. Novelle hat zudem der Fußverkehr am Gehsteig immer Vorrang. Besonders relevant ist dies beispielsweise bei Garagenausfahrten oder Parkplatzausfahrten.

Eine deutliche Verbesserung wurde auch bei den Ampelschaltungen erreicht, die nun stärker auf die Bedürfnisse der Zu-Fuß-Gehenden Rücksicht nehmen. Die Ampeln werden so geschaltet, dass nach einer kurzen Wartezeit eine längere Grünphase folgt, um die Straße in Ruhe überqueren zu können.

Zudem müssen Lkw (Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen) künftig überall im Ortsgebiet beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wo mit querendem Fußverkehr zu rechnen ist.

Mobilität für Kinder – Die neue Schulstraße

Mit dem neuen einheitlichen Verkehrszeichen „Schulstraße“ wird noch deutlicher den Bewegungs- und Sicherheitsbedürfnissen von Kindern entsprochen. Kinder können somit fit und munter in den Unterricht starten. Behörden können Schulstraßen festlegen, in denen beispielsweise zu Schulbeginn und zu Schulende ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge gilt. Dem morgendlichen Verkehrschaos vor Schulen durch Elterntaxis wird damit entgegengewirkt.

In einer Schulstraße darf auf der Fahrbahn gegangen werden, Radfahren ist in Schrittgeschwindigkeit erlaubt und Kraftfahrzeuge für Anrainer:innen dürfen, ebenfalls in Schrittgeschwindigkeit, zu- und abfahren. Mechanische Sperren (z. B. Poller, Sperrgürtel oder Zäune) sind zulässig und haben sich zur Um- und Durchsetzung einer Schulstraße bewährt. Ziel ist es die Sicherheit der Schulkinder zu gewährleisten.

Bisher mussten diese Fahrverbote für jede Schule von der zuständigen Behörde eigens entwickelt werden. Es gab kein einheitliches Verkehrszeichen dafür. Die Verordnung ist nun einfacher und die Schulstraße durch das Verkehrszeichen erkennbar. Weitere Informationen finden Sie hier: Schulstraße

Nebeneinanderfahren von Kind und Eltern erlaubt

Kinder unter zwölf Jahren benötigen in manchen Situationen eine zusätzliche Anleitung und Erklärung zum Verkehrsgeschehen. Eine Begleitperson am Fahrrad darf nun immer neben dem Kind auf der Fahrbahn radeln. Ausgenommen sind nur Schienenstraßen. Auch in Tempo 30-Straßen ist das Nebeneinanderfahren für alle Radfahrenden möglich, außer auf Schienen- und Vorrangstraßen. Dabei ist vorrangig darauf zu achten, dass niemand gefährdet oder am Überholen gehindert wird.

Übrigens: Mit der aktuell 35. Novelle, die im Juli 2024 in Kraft treten soll, wird die Einführung von Tempo 30-Straßen erleichtert. Mehr dazu können Sie hier nachlesen: Tempo 30

Erleichterung für Radfahr-Gruppen

Das Radfahren als Gruppe (z. B. für Radausflüge von Schulklassen) wurde erleichtert! Wenn eine Gruppe (lt. StVO „ein Verband“) von mind. 10 Personen gemeinsam in eine Kreuzung einfährt, muss ihr das gemeinsame Verlassen der Kreuzung ermöglicht werden – auch, wenn die Ampel währenddessen auf Rot umgeschaltet hat. Zur besseren Erkennbarkeit für alle Verkehrsteilnehmenden, muss die erste und die letzte Person der Gruppe eine Warnweste tragen und das Ende des Verbands muss mit einem Handzeichen signalisiert werden (erforderlichenfalls hat die voranfahrende Person vom Fahrrad abzusteigen).

Verpflichtender Sicherheitsabstand beim Überholen

Mit der klaren Definition eines Mindestüberholabstandes von mehr als 1,5 Metern im Ortsgebiet ab Tempo 30 und mehr als 2 Metern im Freilandgebiet in der Straßenverkehrsordnung gibt es seit der 33. Novelle endlich auch in Österreich eine klare Abstandsregelung beim Überholen von einspurigen Fahrzeugen.

Damit im Ortsgebiet auf schmalen verkehrsberuhigten Straßen mit Tempo 30 das Überholen möglich bleibt, gilt bei einer Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern ein Mindestüberholabstand von einem Meter. Diese Regelung gehört in vielen Ländern Europas seit Jahrzehnten zu den elementaren Sicherheitsmaßnahmen im Straßenverkehr.

Reißverschluss statt Nachrang

Am Ende eines Radweges gilt innerorts wie im Kfz-Verkehr das Reißverschlussprinzip. Für Radfahrstreifen gilt diese Regelung schon länger.

Verkehrszeichen "Grünpfeil" regelt Abbiegen für Radfahrende neu

Seit Oktober 2022 gibt es ein neues Verkehrszeichen: Der „Grünpfeil für Radfahrende“ zeigt an, wo die Behörde das Rechtsabbiegen für Radfahrende an Ampelkreuzungen bzw. das Geradeausfahren an T-Kreuzungen erlaubt.

Voraussetzung für das Weiterfahren oder Abbiegen bei Rot ist, dass vorher angehalten wird und die Sicherheit, insbesondere für Fußgänger:innen, gewährleistet ist.

Annäherung an eine Radfahrerüberfahrt mit angepasster Geschwindigkeit

Bei der Annäherung an eine Radfahrerüberfahrt musste man bisher auf 10 Stundenkilometer abbremsen. Seit Oktober 2022 ist das nur noch zwingend notwendig, wenn ein Auto in unmittelbarer Nähe unterwegs ist.

Überzogenes Strafmaß bei fehlenden Ausrüstungsteilen ist Geschichte

Die Vorschriften zur Ausrüstung von Fahrrädern (z. B. Lichtanlage, Reflektoren, etc.) sorgen für mehr Sichtbarkeit und Sicherheit im Straßenverkehr. Die bisherige Praxis, jedes einzelne fehlende Ausrüstungsteil (z. B. ein fehlender Reflektor und ein defektes Rücklicht) gesondert zu bestrafen, wird zu einer Verwaltungsstrafe zusammengefasst. Das Strafmaß wird somit auf ein angemessenes Ausmaß reduziert.

Einheitliche Radwegweisung

Österreichweit einheitlich sollen die Radwegweisungen erfolgen, auch Pfeilwegweisungen sind dann möglich. Eigene und einheitliche Wegweiser erleichtern die Orientierung der Radfahrenden deutlich.

Weg frei für mehr Radwege am Land

Die Behörde kann auf Radfahranlagen das Befahren von landwirtschaftlichen Fahrzeugen und S-Pedelecs zulassen. In der Vergangenheit stellte diese Vorschrift oftmals ein Hindernis für den Bau von Radwegen am Land dar.

Die 33. StVO-Novelle ist seit 1. Oktober 2022 in Kraft. Die 35. StVO-Novelle wird im Juli 2024 in Kraft treten und vor allem bei der Geschwindigkeitsbegrenzung von Straßen eine Erleichterung für Gemeinden bringen. 

Infografik kostenlos downloaden

Die Infografiken stehen zum kostenlosen Download zur Verfügung und können unter Angabe der Fotocredits BMK/message.at verwendet werden. Sie brauchen die Infografiken in einer druckfähigen Version? Schreiben Sie uns unter info@klimaaktivmobil.at 

Veröffentlicht am 08.04.2024

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