„Radfahren gegen die Einbahn“ zählt zu den niederschwelligen und einfach umsetzbaren Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs. Radfahrende ersparen sich durch diese Maßnahme Umwege und erreichen bestimmte Ziele deutlich einfacher. Der Weg zur „geöffneten“ Einbahn ist in Österreich komplex. Für jeden zu öffnenden Straßenabschnitt sind eigene Verordnungen von der zuständigen Behörde zu erlassen, jedes Mal wird eine Prüfung der örtlichen Situation benötigt.
Internationale Standards – langjährig erprobt
Andere Länder machen es sich hierbei einfacher, sie drehen die „Beweislast“ um. Anstatt zu überprüfen, ob eine Einbahn für den Radverkehr in beide Richtungen geeignet ist, wird grundsätzlich davon ausgegangen. Wird dann bei einzelnen Abschnitten festgestellt, dass es zu gefährlich ist, kann die zuständige Behörde mit hinreichender Begründung das Radfahren gegen die Einbahn untersagen. Nach diesem Prinzip wird seit 2016 auch in der Schweiz vorgegangen. In Frankreich gibt es seit 2010 diese Herangehensweise. Zusätzlich sind alle Begegnungszonen grundsätzlich in beide Richtungen mit dem Rad befahrbar.
In Belgien gibt es schon seit 2002 eine generelle Regelung für die Öffnung von Einbahnen. Hier wird nach der Breite der Fahrbahn unterschieden. Ist diese weniger als 2,6 m breit, so ist kein Radfahren gegen die Einbahn vorgesehen. Zwischen 2,6 und 3 m kann die Möglichkeit geschaffen werden, ab einer Breite von 3 m ist Radfahren gegen die Einbahn verpflichtend zu verordnen.
Hohe Sicherheit durch guten Blickkontakt
In diesen drei Ländern gibt es schon langjährige Erfahrung mit der generellen Möglichkeit, Einbahnen für den Radverkehr zu öffnen, aus Sicht der Verkehrssicherheit eine Erfolgsgeschichte. So wurde 2008 bis 2010 in Brüssel eine umfassende Evaluierung durchgeführt, die die Eignung der Maßnahme bestätigt und einige interessante Erkenntnisse geliefert hat.
So konnte allgemein keine Unfallhäufung durch Radfahren gegen die Einbahn festgestellt werden. In Relation zur Anzahl der Radfahrenden ist das Fahren gegen die Einbahn sogar etwas sicherer als das Radfahren mit der Einbahn. Im Begegnungsverkehr sehen sich Radfahrende und KFZ-Lenkende besonders gut.
Ein wesentlicher Punkt, um Radfahren gegen die Einbahn sicher zu machen, ist eine gute Kreuzungsgestaltung. Ein Großteil der Unfälle mit Radfahrenden, die gegen die Einbahn unterwegs waren, wurde durch Vorrangverletzungen im Kreuzungsbereich registriert. Hier ist also besonderes Augenmerk auf gute Sichtverhältnisse und eine klare Erkennbarkeit des Zweirichtungs-Radverkehrs (Bodenmarkierungen, Hinweiszeichen) zu legen.
Die Breite der Fahrbahn spielt für die Sicherheit hingegen kaum eine Rolle. Auch auf schmalen Fahrbahnen funktionieren die Begegnungen zwischen Rad und KFZ allgemein gut. Grundbedingung sollte aber jedenfalls eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h sein. Was in großen Teilen des Nebenstraßennetzes bereits der Fall ist und auch weitere positive Aspekte wie etwa verminderte Unfallschwere und eine geringere Lärmentwicklung nach sich zieht.