Die Förderung des Radverkehrs ist in Zeiten der Klimakrise und des steigenden Bewusstseins für Lärmschutz, Luftqualität und Flächengerechtigkeit aus fachlicher Sicht ein klar zu befürwortendes Anliegen. Bis zur tatsächlichen Umsetzung fördernder Maßnahmen sind aber in der Praxis einige Hürden zu nehmen. Eine davon ist die föderale Verteilung dazu notwendiger Kompetenzen. Bund, Länder und Gemeinden haben verschiedene Werkzeuge in der Hand, die ihre volle Wirkung dann entfalten können, wenn sie in einem gemeinsamen, strategischen Rahmen eingesetzt werden.
Eben diesen Rahmen gibt es in Deutschland mit dem NRVP. Mittlerweile zum dritten Mal wurde dieser nun aufgelegt, der Erstellungsprozess basierend auf Bürger:innenbeteiligung und einem Dialogforum mit Expert:innen in die Wege geleitet.
Unter den drei Leitzielen „mehr Radverkehr“, „besserer Radverkehr“ und „sicherer Radverkehr“ spannt sich eine Vielzahl möglicher Maßnahmen auf, wie diese Ziele erreicht werden können.
Hinsichtlich der Kompetenzverteilung bietet sich in Deutschland ein ähnliches Bild wie in Österreich. Der Bund hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Infrastruktur und andere konkrete bzw. örtliche Faktoren für den Radverkehr, kann aber mit radfreundlicher Gesetzgebung (wie etwa dem bereits eingeführten Mindestüberholabstand) und entsprechender budgetärer Ausstattung seinen Beitrag leisten. Finanziell und rechtlich können sich auch die Länder an der Entwicklung des Radverkehrs beteiligen.
Ein wesentlicher Schwerpunkt der Radverkehrsförderung gilt der Infrastruktur, die in der Hand von Ländern und Gemeinden liegt. Um deren Qualität zu steigern, werden im NRVP grundlegende Eigenschaften aufgezählt, die hochwertige Radinfrastruktur haben muss, z. B. dass sie durchgängig und vernetzt sowie sicher und komfortabel befahrbar ist.
Interessant ist auch der Blick auf die verfügbaren Instrumente. Neben den klassischen, auch in Österreich bekannten Anlageformen wurden in Deutschland mit der letzten StVO-Novelle aus dem Jahr 2020 zwei neue Werkzeuge zum Ausbau des Radverkehrsnetzes eingeführt, nämlich Radschnellwege und Fahrradzonen. Während mit dem „Radschnellweg“ im Wesentlichen eine neue Beschilderungsmöglichkeit für hochrangige Radrouten eingeführt wurde, ist die „Fahrradzone“ eine Weiterentwicklung der auch hierzulande bekannten Fahrradstraße. Wie das Wort schon verrät, können mit der Einführung von Fahrradzonen nicht nur einzelne Straßenzüge, sondern zusammenhängende Teile des Straßennetzes mit besonderen Regelungen versehen werden (Nebeneinanderfahren für Radfahrende erlaubt, Tempo 30, KFZ-Durchfahrtsverbot). Während die Radschnellwege vor allem bei übergeordneten Verbindungen zum Einsatz kommen sollen, ermöglichen die Fahrradzonen aus rechtlicher Sicht eine attraktive Umgebung für den innerörtlichen Radverkehr.
Eine zentrale Devise des Kapitels Infrastruktur im NRVP lautet: Kein Straßenneubau oder -umbau ohne Berücksichtigung des Radverkehrs.