IEA Vernetzungstreffen

Die International Energy Agency (IEA) lädt jährlich zum Austausch ein, mit Beiträgen zu den Technology Collaboration Programmes (TCPs) zum Ziel "Net Zero 2050": Projekterfolge und die bisherige Programmevaluierung sowie Neuigkeiten zu aktuellen Tasks und Annexes wurden heuer in der Urania Sternwarte bzw. Kino, Wien präsentiert.

Hintergrund

Die IEA Strategie „Net Zero by 2050" schreibt dem Energiesektor in etwa drei Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen und damit eine entscheidende Rolle zur Erreichung der Klima- und Energieziele zu. Der Ausbau Erneuerbarer Technologien muss bis 2030 vorangetrieben werden, um die Klimaneutralität bis 2050 realisieren zu können – es braucht aber auch weitere, neuere Technologien, die sich derzeit noch oft in der Demonstrations- oder Prototypenphase befinden. Die Optimierung dieser Systeme sowie die Weiterentwicklung bis zur Marktreife sollten daher im Fokus aktueller F&E-Aktivitäten stehen und werden von den Technology Collaboration Programmes (TCPs) unterstützt. Seit mehr als 40 Jahren bietet die IEA einen Rahmen für die Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung. Heute finden diese Kooperationen organisiert in rund 40 TCPs zu unterschiedlichsten Themenschwerpunkten statt. 

Themen und Beiträge

Die Keynote zu Beginn hielten Ezilda Constanzo (Italien Agency for New Technologies, Energy and Sustainable Economic Development ENEA) und Chiara Delmastro (International Energy Agency IEA), die Einblicke in den aktuellen Joint Report zum Thema "Technologie- und Innovationspfade für CO2-neutrale Gebäude" gaben. Eine Gruppe von IEA Expert:innen arbeitete erstmals an einer gemeinsamen strategischen Vision, wie Herausforderungen überwunden und Technologielösungen, Innovationsstrategien sowie politische Instrumente bereitgestellt werden können, um die „Net Zero by 2050"-Meilensteine der IEA im Gebäudesektor bis 2030 zu erreichen. Hierbei wurde vor allem auch auf die notwendige Kombination aus dem Einsatz erneuerbarer Energie und erneuerbarer Bau- und Dämmstoffe hingewiesen.

Im Anschluss wurden vorrangig abgeschlossene Projekte aus den Annexes Gebäudesanierung, Digitalisierung für die Energiewende (vernetzte Wärmepumpen), Chancen und Barrieren der Sektorkopplung für das Erreichen der Klimaneutralität, Bioraffinerien auf dem Weg zu 'Net-Zero' sowie Cities-TCP zur Dekarbonisierung in Städten unter anderem durch Vertreter:innen des Instituts für Nachhaltige Technologien AEE INTEC, Salzburger Instituts für Raumordnung und Wohnen SIR sowie dem Austrian Institute of Technology GmbH AIT vorgestellt.

Highlights der AEA

Andreas Indinger (AEA) berichtete zum Thema Wasserstoff im Rahmen der IEA Task 41: Wasserstoff als Element der Dekarbonisierung in Energiesystemmodellen. Laut der aktuellen Österreichischen Wasserstoffstrategie 2022 soll Wasserstoff ausschließlich dort eingesetzt werden, wo fossiles Gas nicht anders substituierbar ist. Hierbei wurde in drei Kategorien unterteilt: (I) Einsatz von grünem Wasserstoff prioritär in der chemischen und Stahlindustrie, dem Flug- & Schiffsverkehr sowie im Energiesystem für den Spitzenlastausgleich, d.h. für die Speicherung und Flexibilitätsleistungen. (II) Nachrangig soll Wasserstoff in Hochtemperaturprozessen sowie im Fernverkehr eingesetzt werden. (III) Keine Rolle wird Wasserstoff bei Niedertemperaturprozessen, PKWs und Zuliefer-LKWs sowie in der Raumwärme Österreichs spielen.

Die verstärkte Nutzung erneuerbarer Gase, zu denen Wasserstoff, Biomethan und Biogas zählen, i.e. Methan aus biogenen Reststoffen, wird demnach bei der Transformation des Energiesystems einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der österreichischen Energie- und Klimaziele 2040 leisten.

Günter Simader (AEA) stellte internationale "Carbon Capture and Usage" – Aktivitäten (CCU Projekte) im Rahmen des IEA Greenhouse Gas R&D Programmes vor. Als CCU werden die Abscheidung, der Transport und die anschließende Nutzung von Kohlenstoff, meist in Form von CO2 oder CO, bezeichnet. Dabei wurden unter anderem techno-ökonomische Bewertungen von unterschiedlichen Bioraffineriekonzepten mit und ohne Kohlenstoffabscheidung sowie –speicherung (CCS, 'Storage') untersucht.

Die Analyse der erzielbaren negativen Emissionen bzw. Emissionspotenziale, die durch die unterschiedlichen Bioraffineriekonzepte erzielt werden können, ergab variierende Kosten für die Abtrennung von biogenem CO2 in den Produktströmen zwischen 22 und 66 US-Dollar pro Tonne CO2 je nachdem ob Rauchgasströme berücksichtigt wurden. Die dabei erzielbaren negativen Emissionen reichen von circa -59 bis -164 Gramm CO2 Äquivalent pro Megajoule, abhängig vom Bioraffineriekonzept. Im Vergleich dazu können bspw. bei der Herstellung von komprimiertem Methan (CNG) aus Lebensmittel-/Grünschnittabfällen zwischen -11 und -23 Gramm CO2 Äquivalent pro Megajoule eingespart werden.

Noch drastischer sind die Kosten für die untersuchte Abtrennung von atmosphärischem Kohlenstoff im sog. Global Assessment of Direct Air Carbon Capture and Storage (DACCS). Hier liegen die Abtrennungskosten in 'First-of-a-kind' Projekten zwischen 400 und 700 US-Dollar pro Tonne CO2 und liegen damit deutlich über dem noch marktfähigen bzw. -üblichen Treshhold von 100 US-Dollar pro Tonne.

CCU-basierte Rohstoffe sind also generell erheblich teurer als die fossilen Gegenspieler, sind zur Erzielung der Klimaziele 2050 und den Ambitionen um eine kohlenstoffarme Energieversorgung sowie der Abkehr von fossilen Ressourcen als ‚Negative Emission Technologies‘ vor allem zur Herstellung von Baumaterialien und Kunststoffen von Bedeutung, in denen CO2 relativ 'langfristig' gespeichert werden kann.

Weitere Themen des Vernetzungstreffens

  • 4E Energy Efficient End-use Equipment / Electronic Devices and Networks Annex: Elektronische Geräte und Netzwerke (EDNA)
  • 4E Electric Motor Systems Annex: Energieeffiziente Elektrische Motorensysteme (EMSA)
  • Solar Heating and Cooling | Task 68: Effiziente Solare Fernwärmesysteme
  • Hybrid and Electric Vehicle Technology | Task 41: Leichte und schwere elektrische Nutzfahrzeuge
  • Advanced Motor Fuels | Task 63: Sustainable Aviation Fuels (SAF) – Nachhaltige Treibstoffe für die Luftfahrt
  • Energy in Buildings and Communities | Annex 83: „Positive Energy Districts"

Das jährliche Vernetzungstreffen gilt als wichtiger Fixpunkt der Vernetzung der österreichischen IEA-Community und dient dem Austausch zu aktuellen Entwicklungen und Neuigkeiten aus den Programmen der internationalen IEA Forschungskooperation. Organisiert wurde das Event vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie BMK, der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik ÖGUT sowie der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

Weiterführende Links

 

Veröffentlicht am 11.11.2022