Biopolymere und Bioökonomie

klimaaktiv Bioökonomie arbeitet bereits langjährig mit dem Kunststoff-Cluster der ecoplus Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH, im Bereich Biopolymere zusammen. Wir haben bei ecoplus Projektmanager Florian Kamleitner nachgefragt, welche aktuellen Entwicklungen es in diesem spannenden Feld der Bioökonomie gibt.

klimaaktiv: Herr Kamleitner, Sie beschäftigen sich als Projektmanager im Kunststoff-Cluster seit Jahren mit Biopolymeren. Was sind aus ihrer Sicht die wichtigsten Vorteile von Biopolymeren?

Der Kunststoff-Cluster hat seit mittlerweile 15 Jahren „Biokunststoff“ als eines seiner Schwerpunktthemen. In den vergangenen Jahren konnten wir mit unseren Partnerunternehmen in zahlreichen Kooperationsprojekten sehr viele Ergebnisse erarbeiten. Fokus war dabei immer, dass am Ende ein wertschöpfendes Produkt herauskommt. Vor allem bei Produkten, wo mit Biokunststoffen Produkteigenschaften erreicht werden, welche mit konventionellen Kunststoffen nicht erreicht werden können (biologische Abbaubarkeit, biobasierter Ursprung, Verlängerung des „shelf-lifes“, etc.) können wir auf sehr schöne Ergebnisse verweisen. Bei diesen Produkteigenschaften liegen auch die wichtigsten Vorteile von Biokunststoffen im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen.

klimaaktiv: Welche neuen Entwicklungen gibt es in der Branche? Welche Rolle können Biopolymere in einer forcierten Bioökonomie zukünftig spielen?

Biokunststoffe sind auch nur Kunststoffe und haben nach anfänglichen Schwierigkeiten ihren fixen Platz in der Vielfalt der Kunststoffe eingenommen. Nun kommen Produkte auf den Markt, bei denen zum Beispiel Polymilchsäure Polystyrol ersetzt, weil es eine verringerte Gasdurchlässigkeit hat, oder ein Mahlwerk einer Einwegmühle, welche bessere Lebensmittelverträglichkeit hat. Das sind zwei Beispiele, wo die Funktionalität des Biopolymers einen bestehenden Kunststoff übertrumpft. Weitere treibende Faktoren sind die verstärkten Marketingbemühungen, Produkte nachhaltiger zu gestalten (Stichwort „Greening“). Auch das führt zu vielen neuen Produkten aus Biokunststoff.

Speziell biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe wie Polymilchsäure leisten einen wichtigen Beitrag für eine biobasierte Produktion in der Bioökonomie, da sie sich wieder in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf integrieren können. Dennoch gilt das Big picture: Kreisläufe schließen, Einsatz von Neuware reduzieren und die Rohstoffquellen erneuerbar gestalten. Bis dahin ist es noch ein langer Weg.

klimaaktiv: Wie bewerten Sie die Entwicklungen in Österreich verglichen mit dem Weltmarkt. Wo sind wir besonders stark?

Hier sind wir noch nicht ganz on top. Der Europäer generell scheut bei Diskussionen um biobasierte Produktion die sogenannte „Teller-Tank-Diskussion“ und fürchtet gleich Verschwendung von Lebensmitteln. Hier muss sich am Mindset noch viel tun, dass wir natürliche Ressourcen nutzen wollen und landwirtschaftlicher Produktion mehr Wertschöpfung ermöglichen. Wo wir aber stark sind, das ist bei Innovationen durch Kooperation. Große Konzerne in Übersee haben genug Marktmacht, Humankapital und Kapital, um Innovationen im Alleingang voranzutreiben (Beispiel Markteinführung von Polymilchsäure durch Dow Chemical und Cargill). In der österreichischen Kunststoffbranche haben wir viele kleine Hidden Champions, die in einer betriebsübergreifenden Kooperation entlang der Wertschöpfungskette viele Einzelbeiträge leisten, um schlussendlich etwas Größeres zu schaffen. Wenn sich dann auch noch ein größeres Unternehmen anschließt, dann entsteht etwas Neues und Großartiges – wie zum Beispiel der biologisch abbaubaren Knotenbeutel „made in Austria“ von Agrana.

klimaaktiv: Gibt es nach wie vor Hemmnisse, die den Einsatz von Biopolymeren erschweren? Was könnte getan werden um weiteres Wachstum zu stimulieren?

Biokunststoffe leiden sehr stark darunter, dass sie all das erfüllen müssen, was konventionelle Kunststoffe nicht können, was aber von ihnen auch nicht erwartet wird. Es würde dem Biokunststoff schon helfen, wenn man ihn gleich behandeln würde, wie alle anderen Kunststoffe.  Es gibt bereits viele fertige Produkte in den Schubladen der Unternehmen. Hemmnisse für einen Marktstart sind sicherlich die mangelnde Verfügbarkeit der meisten Biokunststoffe (vor allem Polymilchsäure und Polybutylensuccinat) und der dadurch bedingten hohen Preise. Wieso das so ist, ist allerdings völlig unverständlich. Daher würde ein Ausbau der Produktionskapazitäten dem Biokunststoff-Weltmarkt sehr gut tun. Es wäre vor allem auch ein wichtiges Zeichen, dass man den eingeschlagenen Weg der zirkulären Bioökonomie auch ernsthaft gehen möchte.

klimaaktiv: Sie haben mit Unterstützung von klimaaktiv mit den „Biopolymer Days 2020“ kürzlich das erste virtuelle Biokunststoff-Event Österreichs veranstaltet. Wie lautet ihr Fazit dazu?

Das Interesse am Thema ist groß, vor allem, wenn man technisch an das Thema herangeht und die ideologischen Scheuklappen zu Hause lässt. Was bei einem online Event natürlich leider fehlt ist das Vieraugengespräch nach den Sessions. Wir haben uns daher auf die reine Vermittlung von Informationen beschränkt und mit zwei tollen Partnern die virtuellen Biopolymer Days 2020 zu einem erfolgreichen Format gemacht. Unser Fazit lautet daher, dass wir auch künftig solche online Events machen werden, weil wir nun ja das Know-how dazu aufgebaut haben. Wir sind uns aber auch bewusst, dass sie physische Events und Messen niemals komplett ersetzen werden können.

klimaaktiv: Danke für das Interview.

Veröffentlicht am 05.08.2020

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