Es ist ein bunter Mix von Bauten aus verschiedenen Jahrhunderten und Verwendungen, welche die Umgebung des neuen Campus‘ prägen. Es sind insgesamt vier Gebäude, die auf dem autofreien Areal errichtet wurden. Mehr als dieser bauliche Part allein, ist das Wechselspiel wichtig zwischen Freiräumen und Objekten, die dem Campus seine eigene Charakteristik verleihen.
Städtebau und Funktionalität
Die vier Baukörper, von denen drei im Erdgeschoss verbunden sind, definieren klar die städtebauliche Einpassung – als Synthese von Solitären und gemeinsamer Form. Es entsteht eine Homogenität in der städtebaulichen Struktur, die ebenso durchlässig ist, wie sie auch Orte definiert. Er ist eine kleine Stadt in der Stadt mit all ihrem urbanen Vokabular. Dazu zählen Wege und Plätze, Arkaden und offene Aufenthaltsbereiche, mit dem gemeinsamen Ziel, Komfort sowie Kommunikation zu bieten. Wichtig dabei ist der urbane Maßstab: nichts wirkt kleinteilig oder überdimensioniert, weil die Beziehung zwischen Gebautem und Freiraum stimmt.
Im gemeinsamen Zugangsbereich zeigt sich im besonderen Maß die Qualität der Freibereiche. Hier wurde eine Promenade entwickelt, die im hohen Maß räumlich differenziert ist. Neben dem Perspektivenwechsel durch die Gebäudeform finden sich hier klassische Arkaden und Pflanzbeete sowie Aufenthaltsbereiche, sodass auf überschaubarem Raum städtebauliche Vielfalt und eine abgestimmte Öffentlichkeit zwischen Privatheit und Gemeinsamkeit generiert wird.
Kommunikation, Kontakte, Austausch – diese Parameter von Forschung und Lehre sind auch maßgeblich für die Innenraumorganisation der Campuserweiterung. Es ist hier vor allem das verbindende Erdgeschoss, das die gemeinschaftlichen Funktionen wie Festsaal, Seminarräume, Learningcenter und Foyerbereich beinhaltet, welche durch die drei Bildungseinrichtungen Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, IMC University of Applied Sciences und Universität für Weiterbildung Krems bespielt und genutzt werden.
Die unterschiedlichen Funktionsbereiche werden klar strukturiert nach Öffentlichkeit und Halböffentlichkeit in den Gebäuden verteilt. Vom gemeinsamen Erdgeschoß ausgehend, wird die Öffentlichkeit zurückgenommen. In den halböffentlichen Obergeschossen liegen die ruhigeren Bürobereiche und kleineren Besprechungsbereichen der Institute, sowie die Laborbereiche.
Konstruktion
Wirkkraft und Wirtschaftlichkeit der Campusbauten beginnt bei ihrer Form und der grundlegenden Struktur. Die Baukörper sind möglichst kompakt gehalten. Die Primärkonstruktion ist auf höchstmögliche Nutzungsneutralität ausgerichtet. Sie besteht aus einer tragenden Außenwand und einer tragenden Stützreihe. Treppenhäuser und Schächte werden in tragenden Kernen zusammengefasst, alle weiteren Einbauten sind – losgelöst von der Primärstruktur – reversibel. Durch die großen Spannweiten und das wirtschaftliche Ausbau-Achsraster von 1,2m ist ein Maximum an Flächeneffizienz und Flexibilität für Änderungen und späteren Nachnutzungen garantiert. Auf diese Weise wird die Langlebigkeit der Gebäude generiert, weil sie den wechselnden Arbeits- und Forschungswelten angepasst werden können.
Energiekonzept
Ökonomie und Ökologie ergänzen einander auch im Bereich der Haustechnik. Die Anlagen wurden unter besonderen Bedacht auf geringen Energieverbrauch, Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit ausgelegt. Es werden hauptsächlich alternative und nachhaltige Anlagensysteme verwendet: Erdsonden, Solarzellen, Bauteilaktivierung und eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung halten die Betriebskosten gering.
Die sommerlichen Wärmeeinträge wurden durch die Ausrichtung der Fassaden, tiefe Laibungen, 3-fach Wärmeschutzverglasung und durch die Reduzierung des Fensterflächenanteils auf 35 % geringgehalten. Um trotz des reduzierten Fensteranteils einen optimalen Tageslichtquotienten zu erhalten, werden die Fenster vertikal und ohne Sturz ausgeführt.
„Unser Beitrag zum Campus Krems zeigt, dass Nachhaltigkeit auf verschiedenen Ebenen gelebt werden muss: vom Städtebau und der Architektur, welche die wesentlichen Rahmenbedingungen schaffen, über nachhaltige und energieeffiziente Gebäudetechnologien sowie dem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Vielfach unterschätzt wird die Akzeptanz durch Nutzerinnen und Nutzer. Erst wenn Gebäude geschätzt werden, leben sie lange und sind damit besonders nachhaltig“, erläutert Arch. Julia Wildfeuer, Geschäftsleitende von Baumschlager Eberle Architekten.
Gestaltung
Das Elementare der Architektur - Plastizität, Geometrie, Licht und Materialität- sind die Grundelemente, welche dem Ensemble seine eigenständige Charakteristik verleihen. Bedingt durch den engen Ausbauraster, sowie den hochrechteckigen Fenstern entsteht eine klassische Anmutung, die mit den unterschiedlichen Alu-Plattenformaten und deren Farben bis ins Detail differenziert ist. Das Spiel von Licht und Schatten wird nicht nur durch Sonneneinstrahlung generiert, auch die verschiedenen Farben der Alu-Tafeln suggerieren unterschiedliche Tiefen der Fassaden.
Im Inneren dominieren warme, helle und natürliche Materialien, sie tragen mit dem Naturbezug der Durchblicke zu einer Wohlfühlatmosphäre bei. Für das Erdgeschoss wurden im Foyer akustisch wirksame, helle Holzlamellenwände eingesetzt, die zusammen mit einer freundlichen Möblierung der Open-Space-Bereiche eine attraktive und einladende Lernumgebung schaffen. Auch in den Obergeschossen öffnen sich die Gangbereiche zur Fassade und bilden kommunikative Begegnungszonen in den Gängen aus.
„Gerade das Universitätsgebäude als ein zentraler Schauplatz der neuen Generation übernimmt die Vorbildfunktion hinsichtlich Architektur und Nachhaltigkeit. Es repräsentiert den Stand der Technik und zeigt, wie Zukunft schon heute seitens des Landes NÖ realisiert wird. Herausragende Architektur sowie höchste Effizienz und Nachhaltigkeit zeichnen das Bauwerk aus.“, so Karl Dorninger (Amt der NÖ Landesregierung).
Projektbeteiligte:
- Auftraggeber: Land Niederösterreich, Abt. Gebäude- und Liegenschaftsmanagement
- Generalplanung: Baumschlager Eberle Wien GmbH
- Haustechnik: GAWAPLAN Ges.m.b.H.
- Elektrotechnik: Kubik Project GmbH
- Gebäudedeklaration: Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie GmbH (IBO)