Objekt des Monats 04/2024: Lehrwerkstätte 2.0

Die Aufgabe der Wiener Linien bestand darin, angesichts steigenden Personalbedarfs die Ausbildungskapazität zu erweitern. Dies erforderte den Neubau eines Lehrlingsausbildungszentrums mit Werkstätten, Schulungs- sowie Sozial- und Sanitärräumen auf dem Gelände der Hauptwerkstätte an der Simmeringer Hauptstraße in Wien. Mit 901 Punkten erreicht das Gebäude den klimaaktiv GOLD Standard.

Das Ziel

Die Situierung der Lehrwerkstätte sollte durch die Nähe zu den bestehenden Ausbildungsstätten und Werkstätten sowie die Einbindung in die Infrastrukturnetzwerke der Hauptwerkstätte Synergieeffekte im Bezug auf Arbeitsabläufe, Energieversorgung, Entsorgung und Verdichtung erzielen. Weiters sollte das geplante Gebäude so nachhaltig und ressourcenschonend wie möglich errichtet werden, was den Einsatz von rezyklierten und recyclingfähigen Materialien, sparsamen und möglichst sortenreinen Einsatz von Baumaterialien und den Einsatz von energieeffizienter Haustechnik bedingt. Bei der Wahl des Bauplatzes - zuvor ein mit Beton versiegelter Parkplatz - wurde darauf geachtet, keine unversiegelten Grünflächen zu beanspruchen.

Die Entscheidung zugunsten eines Holzbaus und den Einsatz von Recyclingbeton für das Kellergeschoss wurde durch die Präferenz für klimaschonende und möglichst CO2-neutrale Baumaterialien getroffen.

Ziel war es, funktionale und flexible Räumlichkeiten zu schaffen, die die Lehrwerkstätte als attraktiven, modernen und kommunikativen Ausbildungsstandort positionieren. Insgesamt sollten 238 neue Ausbildungsplätze geschaffen werden, um zusammen mit den bestehenden Lehrwerkstätten insgesamt 446 Ausbildungsplätze anzubieten.

"Bei den Wiener Linien hat die Lehrlingsausbildung einen hohen Stellenwert und wird als Investition in die Zukunft des Unternehmens gesehen. Somit muss auch die dazugehörige Lehrwerkstätte einen entsprechenden Beitrag für die Zukunft leisten. Deshalb war es uns von Anfang an wichtig ein energieeffizientes, nachhaltiges Gebäude zu errichten, dass nebenbei auch noch ein zeitgemäßes, innovatives Umfeld für Auszubildende bietet.", so Christina Koneczny-Erlmoser, Projektleiterin Wiener Linien.

 

Die Umsetzung

Das Projekt zeichnet sich vor allem durch den überwiegenden Einsatz von Holz aus. Die Einführung eines Stützenachsrasters von 5,40 m erlaubt es, diesen Werkstoff optimal zu nutzen und die längliche Grundstücksform zu berücksichtigen. So entstand ein einfach unterkellertes, zweigeschoßiges Gebäude in Holz-, Holzverbund- und Massivbauweise - massiv dort, wo unbedingt erforderlich und wenn möglich unter Einsatz von Recyclingbeton. In diesem Sinn ist das Tragwerk leicht, sparsam und effizient ausgelegt.

Im Ausbau wurde konsequent auf das notwendige Minimum reduziert, wodurch ökonomische Sparsamkeit mit ressourcenschonender Bauweise einhergeht. Fast alle Böden wurden bedingt durch die geringen Anforderungen an den Trittschallschutz direkt auf das tragende Bauteil appliziert, Zementestriche eingespart, rezyklierte Materialien verlegt, teilweise Monoböden ohne Belag  aus rohem oder geglättetem Beton eingesetzt.  Auf Verkleidungen, Verputz und Anstrich der Wände wurde weitgehend verzichtet. Deckenverkleidungen gibt es nur in den Gang- und Sanitärbereichen aus metallischen Werkstoffen. Die Dämmstoffe sind mineralisch und auf EPS sowie auf FCKW-haltige Baustoffe wurde verzichtet. Die hinterlüftete Fassade besteht aus ölimprägnierten Holzlatten aus Weißtanne, während der massive Stahlbetonbauteil unverkleidet bleibt.

Dort, wo keine Photovoltaikpaneele gelagert sind, wurde das Flachdachs extensiv begrünt, um Regenwasser zu binden und einen Hitzepuffer für die Räume darunter zu schaffen. Das ablaufende Regenwasser wird über unterirdische Versickerungssysteme dem Grundwasser zugeführt.

Alle Fensterflächen sind mit einem außenliegenden Sonnenschutz ausgestattet. Es werden windresistente, elektrisch betriebene Raffstores eingesetzt, um den Wärmeeintrag vor allem in den Sommermonaten zu reduzieren.

Die Gestaltung des Gebäudes zeichnet sich durch Einfachheit, Geradlinigkeit, Offenheit und die Authentizität der Materialien aus. 

Technische Gebäudeausstattung

In Synergie mit anderen Anlagenteilen in der Hauptwerkstätte wird die Lehrwerkstätte von einer Heat & Power Zentrale versorgt, die den neuen Gebäudekomplex über energieeffiziente Niedertemperatursysteme beheizt. Hierfür wurde die bestehende Erdwärmeanlage der Hauptwerkstätte erweitert und über Wasser-Wasser-Wärmepumpen dem Gebäude zugeführt. Dieses System wird auch zur Kühlung herangezogen, nur Spitzenlasten müssen aktiv gekühlt werden.

Für den neuen Gebäudekomplex sind mehrere mechanische Lüftungsanlagen mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung installiert. Die Versorgung der Kombiregister in den verschiedenen Lüftungsanlagen erfolgt über ein Change Over System. Die Nutzung von Vor- und Rücklauf zum Heizen und Kühlen ermöglicht eine Einsparung von Rohrleitungen und schafft Platz für andere Gewerke. Zudem wird dadurch sichergestellt, dass Heizung und Kühlung nicht gleichzeitig laufen.

Überströmöffnungen von Raum zu Gang ermöglichen eine signifikante Reduzierung der Kanallängen. Bezüglich der elektrotechnischen Anlagen ist zu erwähnen, dass ausschließlich halogenfreie Kabel verwendet wurden. Weiters wurde eine hochwertige MSR-Technik verbaut, um sämtliche Anlagen so energieeffizient wie möglich zu betreiben.

Projektbeteiligte

  • Auftraggeber: WIENER LINIEN GmbH & Co KG
  • Architektur: Zechner & Zechner ZT GmbH
  • Tragwerksplanung: GHP Gmeiner Haferl und Partner Zivilingenieure ZT GmbH
  • Haustechnik: Thermoprojekt Haustechnische Planungs GmbH
  • Elektrotechnik: Ing. Christian Pichler – Ingenieurbüro für Elektro- & Haustechnik
  • Bauphysik: K2 Bauphysik GmbH

 

Veröffentlicht am 11.04.2024