Das Gebäude liegt im Sonnwendviertel, einem neu entstehenden Stadtviertel im 10. Wiener Gemeindebezirk nahe dem Hauptbahnhof. Über 30 Familien schlossen sich zum Verein „Wohnprojekt Gleis 21“ zusammen und bauten hier ein ökologisches Vorzeige-Haus, um sich den Traum von einem “anderen” Wohnen zu realisieren. Darin nehmen ein nachhaltiges Leben, soziale Begegnungen und Solidarität nach innen und nach außen einen wichtigen Platz ein. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit wurde das Wohngebäude im Sommer 2019 fertiggestellt.
Das Gebäude besteht ab der Oberkante des Erdgeschoßes aus einer Hybridbauweise: die Decke ist aus Kreuzlagenholz und Beton gefertigt, die Außenwände aus vorgefertigten Holzkastenelementen und die Wohnungstrennwände wiederum aus Kreuzlagenholz. Die Holzfassade verleiht der Gebäudeoberfläche eine natürliche und gesamtheitliche Ausstrahlung. „Mit Gleis 21 wollten wir auf ökologischer Ebene unter Beweis stellen, dass Holzbau auch im urbanen Kontext und in einem engen wirtschaftlichen Rahmen möglich ist.“, so Architekt Markus Zilker.
Die Mittelzone wurde aus Kostengründen und brandschutztechnischen Vereinfachungen der Versorgungsschächte aus Stahlbetonfertigteilen ausgeführt, lediglich für die Randwohnungen wurde hochleistungsfähiges Buchenbrettschichtholz für die Stützen und Unterzüge gewählt. Die Erschließung über den Laubengang wurde ebenfalls aus Stahlbetonfertigteilen hergestellt.
Die statischen Aufgaben übernehmen nur die Außenwände und die Mittelzone. Sämtliche Wohnungstrennwände der durchgesteckten Wohnungen können flexibel angeordnet werden, dies erlaubt eine hohe Flexibilität der Grundrisse. Die Wohnsituationen können so immer wieder kurzfristig an Lebenssituationen angepasst werden. Jeder Wohnung ist südostseitig ein privater Balkon zugeordnet. Der Laubengang an der Nordwestseite dient nicht nur der Erschließung, sondern auch als offene Kommunikationszone.
Die Kompaktheit des Baukörpers, der Einsatz von zertifizierten Materialien und Holz-Alu Fenster mit 3-fach Isolierverglasung tragen zur Minimierung der Energiekosten bei.
Am Dach stehen eine Terrasse mit Hochbeeten, eine Gemeinschaftsküche mit angeschlossenem Spielraum, eine Bibliothek, eine Sauna und ein Yogaraum zur Verfügung. Im Untergeschoß gibt es eine Werkstatt, ein Atelier und einen Fitnessraum.
Die Erdgeschoßzone ist durchlässig gestaltet und verbindet über kleine, frei bespielbare Plätze und Wege die Promenade mit dem Park. Sie wird so ein Treffpunkt für das Miteinander im Grätzel sein. Ein Restaurant, eine Medienwerkstatt und ein Veranstaltungsraum stehen allen BewohnerInnen des Quartiers zur Verfügung. Der Veranstaltungsraum ist technisch und akustisch sehr gut ausgestattet, kann Kino oder Kleinkunstbühne sein, bietet Musik aus allen Richtungen Raum oder kann für Seminare oder Veranstaltungen gemietet werden.
Gemeinsam mit anderen lokalen Akteuren möchte der Verein „Wohnprojekt Gleis 21“ Maßnahmen für nachhaltige Mobilität im Sonnwendviertel Ost realisieren. Anreize für den Rad- und Fußverkehr für BewohnerInnen, Gäste, VeranstalterInnen und VeranstaltungsbesucherInnen sollen geschaffen werden, auch um die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu erhöhen. Die Sharing-Idee für gemeinsam genutzte Transportangebote ist nicht nur innerhalb des Wohnprojekts eine Selbstverständlichkeit, sondern soll baugruppenübergreifend gelebt werden. Momentan sind folgende Mobilitätsangebote für die BewohnerInnen des Hauses - und in weiterer Folge auch für die Mitglieder anderer Baugruppen und Nachbarn - frei verfügbar:
- ein dreirädriges e-Lastenfahrrad, das auch für den Kindertransport geeignet ist
- zwei Multifunktionsanhänger unterschiedlicher Größen für Fahrräder und Fußgänger
- zwei Bollerwagen
- zwei Einkaufstrolleys
- sechs regenfeste Sitzkissen
Bei der bereits gut funktionierenden Nachbarschaftswand wird sukzessive über die Angebote für umweltfreundliche Mobilität im Grätzl informiert.
In mehreren Wohnungen erhalten Flüchtlinge die Möglichkeit, am sozialen Leben teilzuhaben, sich zu engagieren und die Einrichtungen des Gebäudes mitzunutzen. Die Diakonie unterstützt dabei, Deutschkurse erleichtern die Integration.
Projektbeteiligte
- Bauherr: Verein Baugruppenprojekt Gleis 21 in Kooperation mit Schwarzatal
- Architektur: einszueins architektur ZT GMBH
- Baugruppenbetreuung während der Planungsphase: realitylab
- Holzbaupartner: Weissenseer
- Plausibilitätsprüfung: Pulswerk GmbH