Objekt des Monats: 11/2019: Neubau Bundesschule Aspern, Wien

Der Neubau der Bundesschule Aspern wurde 2017 fertiggestellt. Freecooling, Bauteilaktivierung, Materialwahl und Verbrauchsmonitoring zeugen vom umfassenden Nachhaltigkeitskonzept. Das Gebäude wurde mit dem Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet und erreicht mit 917 Punkten klimaaktiv GOLD Standard.

Hemma Fasch, Jakob Fuchs und Fred Hofbauer haben das vom Bildungsministerium und der BIG gewünschte neuartige Raum- und Funktionsprogramm umgesetzt. Das Gebäude hat wenig mit gewohnten Bildern von Schule zu tun. Die Arbeits- und Lernlandschaft ermöglicht eine individuelle Förderung, Arbeiten in unterschiedlichen Gruppengrößen, selbstorganisiertes und offenes Lernen sowie Projektunterricht. Das große, lichtdurchflutete Atrium ist flankiert von mit Brücken verbundenen Galerien und signalroten Treppen – eine davon als breite „Lesetreppe“ ausgebildet.

Die zahlreichen Sicht- und Wegverbindungen machen Gemeinschaft erlebbar. Viel Glas, oft raumhoch, Deckenuntersichten aus Beton, zarte Stahlnetze, offen geführte Leitungen, Holzoberflächen und Linoleum fügen sich zu einem Organismus, bei dem jeder Bestandteil seinen Sinn hat.

Der Schulplatz ist in gewisser Weise der ganze Maria-Trapp-Platz, der wichtigste Markt- und Veranstaltungsplatz der Seestadt. Die weiße Membran, die sich an drei Seiten um das Gebäude legt, wirkt je nach Lichtsituation entweder wie ein schützender Mantel oder lässt bei Gegenlicht die tragende Stahlkonstruktion durchscheinen. Bei der Auswahl der Baumaterialien wurde auf emissionsarme und PVC-freie Produkte Wert gelegt. So wurde ein nachweislich schadstofffreies Innenraumklima geschaffen.

Dank eines geschickt gesetzten Zusammenspiels opaker und transparenter Flächen durchdringt Tageslicht das Gebäude bis in den letzten Winkel. „Untertags wird kaum Kunstlicht benötigt“, berichtet BIG-Projektleiter Gottfried Flicker. Die Kühlung des Gebäudes geschieht mittels Brunnenwasser und konsequenter Bauteilaktivierung und sorgt selbst an hochsommerlichen Tagen für ein angenehmes Raumklima. Die Vorerwärmung erfolgt durch eine hocheffiziente Wärmerückgewinnung aus der Abluft.

Herz der Schule bildet das bambusbepflanzte Schulwäldchen, ein Innenhof, über den die Luft für das gesamte Gebäude angesaugt wird. An das Schulwäldchen sind im Erdgeschoß Mensa, Bibliothek, Mehrzweckraum und die Werkstätten angelagert. In der warmen Jahreszeit können diese zu den überdachten Freibereichen geöffnet werden.

Auch in den Obergeschoßen ist Zugang auf die Terrassen oder Balkone jederzeit möglich. Im Ersten sind die Bildungseinheiten der Unterstufe in Clustern gebündelt: Vier Unterrichtsräume sind um eine offene Lernzone gruppiert und können dank Schiebewänden mit dieser verbunden werden. Eine Ebene darüber ist die Oberstufe im Departmentsystem organisiert. Nicht die Lehrerinnen und Lehrer kommen zu den Klassen, sondern umgekehrt wandern die Schülerinnen und Schüler zum Unterricht in die einzelnen Departments. Es gibt daher keine Stammklassen, sondern sogenannte Homebases, in denen die Jugendlichen die Zeit zwischen und außerhalb der Unterrichtstunden frei gestalten können.

Arch. DI Bernhard Sommer und Arch DI Nawara Goga von EXIKON arc & dev: „Das Projekt beweist, dass Offenheit und Energieeffizienz kein Gegensatz sind. Gerade die Schule ist ein wesentlicher Ort zur Förderung einer offenen Gesellschaft. Der Austausch mit der Natur, das Erleben des natürlichen Lichts, das Verbinden von Räumen bei gleichzeitig gegeben Rückzugsmöglichkeiten kann und muss bauphysikalisch unterstützt werden. Mit einer klugen Planung und einem weitsichtigen Bauherrn kann das gelingen."

Es ist eine Schule entstanden, welche für die Ansprüche einer modernen Pädagogik der nächsten Jahrzehnte gut gerüstet ist.

Beteiligte

  • Bauherr: BIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.
  • Architektur: fasch&fuchs.architekten ZT-gmbh
  • Fachplanung: EXIKON arc&dev (Bauphysik), Werkraum Wien Ingenieure ZT GmbH (Tragwerksplanung), Thermo Projekt GmbH (Haustechnik), Pflanz! (Landschaftsarchitektur)
  • Plausibilitätsprüfung: pulswerk GmbH
Veröffentlicht am 07.11.2019