Inklusive Lehrredaktion: Mehr als Nachrichten in Einfacher Sprache

Die Blaue Seite ist das Aushängeschild des ORF im Internet. Seit 2020 gibt es dort das Infofenster „Einfache Sprache“. Wir haben nachgefragt, wer diese Beiträge gestaltet, wie sie ausgewählt werden und worauf es bei Klimathemen ankommt.

Die Zielgruppe für Nachrichten in Einfacher Sprache ist größer als viele denken. Etwa ein Drittel der Bevölkerung hat Schwierigkeiten, längere Texte zu lesen und zu verstehen. Die Rubrik „Einfache Sprache“ auf der Blauen Seite des ORF ist speziell für diese Menschen gestaltet. Die Beiträge stammen von der Nachrichtenagentur APA und von der Inklusiven Lehrredaktion des Vereins „Jugend am Werk“. In der Lehrredaktion, die vom Fonds Soziales Wien finanziert wird, arbeiten Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Behinderungen. Eine Koordinatorin und zwei Trainerinnen unterstützen sie, bilden sie weiter und helfen ihnen bei der Suche nach einem passenden Arbeitsplatz. Claudia Brenner, eine der Trainerinnen, gibt einen Blick hinter die Kulissen.

Wie sieht der Arbeitsalltag in der Lehrredaktion aus?

Claudia Brenner: Wir arbeiten im ORF-Zentrum am Küniglberg. Das hat den großen Vorteil, dass unsere Teilnehmer:innen einen umfassenden Einblick in die Arbeitsabläufe der Redaktionen erhalten. Sie nehmen auch an Redaktionssitzungen von ORF.at teil. Täglich werden im Durchschnitt sechs Beiträge in Einfacher Sprache produziert. Die APA ist für die tagesaktuellen Beiträge zuständig. Unsere Lehrredaktion liefert Nachrichten zu zeitlosen Themen – für die Blaue Seite und für ORF III.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Beiträge aus?

Brenner: Wir wählen Beiträge nach klassischen journalistischen Kriterien wie Informationswert, Aktualität und Relevanz aus. Zunächst verschaffen wir uns gemeinsam einen Überblick über die aktuellen Themen auf der Blauen Seite. Anschließend legen wir ein Thema fest und besprechen, wie wir den Artikel nach den Prinzipien der Einfachen Sprache aufbauen und texten. Gelegentlich schreiben wir auch eigene Artikel.

Fließen Erfahrungen aus der Inklusiven Lehrredaktion auch in andere ORF-Redaktionen ein?

Brenner: Ja, das klappt gut. Radio Wien sendet jeden Sonntag einen Wochenrückblick mit den wichtigsten Nachrichten in Einfacher Sprache. Wir geben dazu regelmäßig Feedback. Dabei geht es oft um Wörter oder Begriffe, die anders gewählt werden sollten. Wichtig sind auch Erklärungen zu Themen, die nicht allen geläufig sind.

Schreiben Sie auch über Klimathemen? Und haben Sie Tipps, worauf dabei zu achten ist?

Brenner: Es gibt viele Artikel auf der Blauen Seite, die sich genau mit diesem Thema befassen. Wir stellen nur eine begrenzte Anzahl an Beiträgen in Einfacher Sprache täglich online. Wir müssen daher auch darauf achten, dass wir unsere Zielgruppe nicht überfordern. Gerade bei diesen Artikeln ist es wichtig, dass wir Erklärungen mitliefern. Das Klimaphänomen El Niño ist ein gutes Beispiel. Unsere Aufgabe ist es, solche Begriffe näher zu beleuchten und einfach zu beschreiben. Was wir auch sehen: Regionale Themen werden viel stärker wahrgenommen als globale. Da sind wir einfach viel näher am Alltag der Menschen.

Wie sehen Sie die Zukunft von Einfacher Sprache? Gibt es neue Trends oder Entwicklungen?

Brenner: Nachrichten in Einfacher Sprache werden immer wichtiger. Es wird daher auf alle Fälle immer mehr Artikel in diese Richtung geben. Auch unser Arbeitsalltag wird sich mit der Künstlichen Intelligenz verändern. Eine Nachkontrolle wird aber immer notwendig sein.

Veröffentlicht am 06.12.2023

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