Mikrozensus Mobilität in der Schweiz: Besitz von E-Bikes verdreifacht

Vor kurzem erschienen in der Schweiz die Ergebnisse aus dem Mikrozensus 2021 über die geteilte Mobilität. Es ist die wichtigste und größte Erhebung über das Mobilitätsverhalten und bietet damit eine gute Grundlage für Verkehrspolitik und Raumplanung.

Der Mikrozensus in der Schweiz ist die größte Erhebung im Mobilitätsbereich. Die Ergebnisse unserer Nachbarn könnten auch aus österreichischer Sicht interessant sein.

Hintergrund zur Erhebung

Das Verkehrsverhalten der Schweizer Bevölkerung wird seit 1974 alle fünf Jahre vom Bundesamt für Statistik (BFS) und vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) im Rahmen des Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV) erhoben. Über 55'000 Personen wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und anhand eines umfangreichen Fragenkatalogs zu ihrem Mobilitätsverhalten interviewt. Abgefragt wurden z.B. Entfernungen, Wegezwecke, Verkehrsmittelwahl, Fahrzeugverfügbarkeit und -besitz sowie verkehrspolitische Einstellungen. Zusätzlich wurden sozioökonomische Daten erhoben, um Unterschiede zwischen Personengruppen (z.B. Altersgruppen) aufzeigen zu können.

Wichtig ist aber auch der Kontext der Erhebung: Diese war bereits für 2020 geplant, wurde aber durch die Covid-19-Pandemie um ein Jahr nach hinten verschoben. Einflüsse dieser Sondersituation, wie Schließung von Freizeit- und Kultureinrichtungen, Restaurants und Bars wurden bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt.

Jeder fünfte Schweizer Haushalt besitzt ein E-Bike

Ein starker Aufwärtstrend zeigt sich 2021 bei den E-Bikes. Hier hat sich der Besitz zwischen 2015 und 2021 sogar verdreifacht. Jeder fünfte Haushalt in der Schweiz hat nun ein E-Bike zu Hause stehen. Insgesamt ist der Besitz von Fahrrädern pro Haushalt in der Schweiz jedoch rückläufig. Im Jahr 2021 lag der Anteil bei 61 Prozent. Seit dem Jahr 2000 hat der Fahrradbesitz damit um 11 Prozentpunkte abgenommen.

Auch die Nutzung des öffentlichen Verkehrs ist im Jahr 2021 zurückgegangen: Rund 53 Prozent der Personen ab 16 Jahren besitzen eine ÖV-Karte, in der vorhergehenden Erhebung waren es noch 57 Prozent. Ausschlaggebend dafür dürfte die Pandemie Covid-19 sein, die zu vermehrten Krankheitsfällen und dem Trend zu mehr Heimarbeit geführt hat. Unterschiede zeigen sich hier vor allem im Geschlechterverhältnis. Während 57 Prozent der Frauen eine ÖV-Karte besitzen, sind es bei den Männern nur 49 Prozent.

Nach wie vor verfügen drei Viertel aller Haushalte über einen oder mehrere Personenwagen. Dies entspricht in etwa dem Wert der letzten Erhebung aus dem Jahr 2015.

Potenziale bei Car- und Ridesharing

Erstmals wurden in der Erhebung aus 2021 auch Fragen zu Sharing-Modellen gestellt. Die Befragten wurden gebeten, fünf Maßnahmen in eine Rangfolge zu bringen. Das Teilen von Mobilität wie Carsharing, Fahrgemeinschaften und Fahrradverleih wurde als zweitwichtigste Maßnahme genannt. Dies deutet auf eine hohe Akzeptanz von Sharing-Modellen hin, denn nur die Unterstützung flexibler Arbeitsformen zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens wurde höher priorisiert.

Hier zeigt sich ein großes Potenzial, denn wie oben erwähnt, besitzen 78 Prozent der Befragten ein eigenes Auto. Diese Zahl kann durch Sharing-Modelle reduziert werden. Zudem liegt der durchschnittliche Besetzungsgrad pro Auto bei 1,53 Personen. Im Pendlerverkehr liegt sie mit 1,09 Personen sogar noch deutlich niedriger. Die Förderung von Fahrgemeinschaften wäre hier eine wirksame Maßnahme.

Pandemie lässt zurückgelegte Kilometer schrumpfen

Rund 14.900 Kilometer wurden im Jahr 2021 durchschnittlich zurückgelegt. Das ist deutlich weniger als in den Vorjahren und entspricht einem Rückgang von rund 40 Prozent. Allein im Binnenland legte die Schweizer Wohnbevölkerung durchschnittlich 30 Kilometer pro Person und Tag zurück. Dies entspricht einem Rückgang von 7 Kilometern oder 19 Prozent gegenüber 2015, der hauptsächlich auf die Pandemie zurückzuführen sein dürfte.

Besonders stark war der Rückgang bei den mit der Bahn zurückgelegten Distanzen (-35 Prozent), während das Elektrofahrrad als einziges Verkehrsmittel eine Zunahme verzeichnete (+182 Prozent). Mit einem Wegeanteil von 43 Prozent sind im Jahr 2021 Freizeitwege der wichtigste Mobilitätszweck, gefolgt vom Berufsverkehr mit 28 Prozent.

Das Zu-Fuß-Gehen schließt Lücken in Wegketten

Obwohl der Fußverkehr nur einen geringen Anteil an der Gesamtzahl der zurückgelegten Kilometer hat, kommt ihm eine große Bedeutung zu. Es ist ein wichtiges Bindeglied zwischen den Verkehrsmitteln und gleichzeitig eine Möglichkeit, sich im Alltag aktiv zu bewegen. So gingen die Schweizer:innen durchschnittlich 30 Minuten pro Tag zu Fuß. Zum Vergleich: Mit dem Auto sind sie durchschnittlich 39 Minuten pro Tag unterwegs.

Das ist etwa gleich viel wie im Vergleichsjahr 2015. Die zurückgelegte Distanz ist jedoch von 1,9 auf 1,6 Kilometer pro Tag gesunken. Dies ist auf den gestiegenen Anteil an Spaziergängen und damit auf ein langsameres Vorankommen zurückzuführen.

Die nächste Erhebung wird zeigen, welche Trends sich verfestigt haben und welche Ereignisse während der Pandemie einmalig waren.

Veröffentlicht am 14.06.2023