Die Fußverkehrsstrategie des Landes Steiermark ist ein umfassendes Dokument, das auf 44 Seiten detaillierte Vorschläge und Maßnahmen zur Förderung des Fußverkehrs enthält. Die Strategie wurde von der Technischen Universität Graz entwickelt und bildet den Kern einer Pilotphase, in der das Land Steiermark Städte und Gemeinden bei der Erstellung und Umsetzung lokaler Fußverkehrskonzepte unterstützt.
Herr Sturm, als Fußverkehrskoordinator der Steiermark haben Sie eine Schlüsselrolle bei der Förderung des Zufußgehens. Was hat Sie persönlich motiviert, diese Aufgabe zu übernehmen, und welche Aspekte Ihrer Arbeit finden Sie besonders herausfordernd oder spannend?
Peter Sturm: Das Zu-Fuß-Gehen bietet unglaublich viele Vorteile in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht und ist ohnehin die ursprüngliche Fortbewegungsart des Menschen. In den letzten 100 Jahren ist der Anteil des Zu-Fuß-Gehens jedoch kontinuierlich zurückgegangen, mit diversen Problemen für die Gesundheit der Menschen und für die Umwelt sowieso. Diesen Abwärtstrend gilt es zu stoppen und bestenfalls teilweise umzukehren. Das ist eine Herausforderung – und ich liebe Herausforderungen. Genau deshalb habe ich die strategische Neuausrichtung des Themas gerne übernommen.
Neben der rein technischen Infrastruktur sind beim Thema Gehen viele weitere Aspekte zu bedenken. Das erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit unglaublich vielen Beteiligten auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene. Das macht das Thema nicht nur herausfordernd, sondern vor allem auch richtig spannend.
Wie unterscheidet sich die im Vorjahr präsentierte Fußverkehrsstrategie von bisherigen Ansätzen zur Förderung des Zufußgehens in der Steiermark?
Sturm: Auf organisatorischer Ebene geht es darum, effiziente und effektive Strukturen zu schaffen, damit ein künftig wachsendes Budget noch wirksamer zur Förderung des Gehens eingesetzt werden kann. Auf der Maßnahmenebene gilt es, neben den klassischen Fußwegen und Gehsteigen verstärkt zonenbezogene Maßnahmen umzusetzen und auch blaue und grüne Infrastruktur sowie Ausstattungselemente stärker mitzudenken und in die Fläche zu bringen.
Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht besonders wichtig, um den Fußverkehrsanteil bis 2030 auf 17 % zu steigern?
Sturm: Einerseits die Schaffung einer sicheren und attraktiven Infrastruktur und andererseits, wie in allen anderen Mobilitätsbereichen auch, die entsprechende Bewusstseinsbildung.
Gibt es bereits erste Pilotstädte oder -gemeinden, die an einem Fußverkehrskonzept arbeiten oder bereits konkrete Maßnahmen umsetzen und wie sind die bisherigen Erfahrungen?
Sturm: Die Pilotphase ist seit der Präsentation der Fußverkehrsstrategie im Herbst 2023 sehr gut angelaufen. Die Nachfrage war groß und mittlerweile gibt es 15 Pilotstädte und-gemeinden, die gerade das örtliche Fußverkehrskonzept bzw. den Masterplan erarbeiten oder bereits in der Umsetzung sind. Alle Beteiligten sind hoch motiviert und viele wirksame Maßnahmen sind bereits in Arbeit.
Welche langfristigen Effekte erhoffen Sie sich durch eine erhöhte Fußgängerfreundlichkeit in den steirischen Städten und Gemeinden auf das gesamte Mobilitätssystem?
Sturm: Langfristig erwarten wir eine Verschiebung des Modal Split zugunsten der Aktiven Mobilität und des öffentlichen Verkehrs, der eng mit dem Fußverkehr verknüpft ist. Darüber hinaus trägt die Fußgängerfreundlichkeit zur Attraktivierung und Stärkung der Ortskerne bei. Eine höhere Aufenthaltsqualität bringt auch klare Vorteile für die lokale Wirtschaft.
Wenn Sie privat unterwegs sind, beispielsweise im Urlaub, betrachten Sie Orte auch aus diesem Blickwinkel? Und gibt es eine Stadt oder Gemeinde, die für Sie persönlich ein besonderes Vorbild in Sachen fußgängerfreundlicher Gestaltung ist?
Sturm: Ja, natürlich fallen mir gut gelöste öffentliche Räume auch privat auf, so strikt kann und sollte man das aus meiner Sicht nicht trennen. Zwischen den eigentlichen Urlaubsfotos gibt es immer wieder Bilder von gut gelösten Plätzen, Alleen, Brücken, Unterführungen, E-Ladestationen oder Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs, die es dann aber nicht ins Familien-Fotobuch schaffen.
Ich denke, man muss gar nicht weit reisen, um auch hier in der Steiermark wunderbare Beispiele für fußgängerfreundliche Gestaltung zu finden. Für mich gibt es nicht diese eine Vorbildgemeinde. Vielmehr glaube ich, dass - fast - jede Stadt oder Gemeinde bereits sehr gute Ansätze hat, die es gemeinsam auszubauen gilt.