EU-Taxonomie, Immobilien und klimaaktiv Gebäudebewertung

Die EU-Taxonomie bietet Investoren, Unternehmen und Projektträgern ein Klassifizierungssystem für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Immobilien. Der klimaaktiv Gebäudestandard des Klimaschutzministeriums eignet sich dafür besonders gut: Immobilien, die positiv nach diesem bewertet werden, entsprechen schon jetzt weitgehend und vor allem im Bereich Energieeffizienz und Reduktion der Treibhausgasemissionen den EU-Taxonomie-Anforderungen.

Anhand der finalen Unterlagen zur EU Taxonomie wird im Rahmen der klimaaktiv Gebäudebewertung ein "Taxonomie-Check" eingeführt. Damit schaffen wir für Bauträger und Immobilieninvestoren einen klaren Benefit.

Die EU-Taxonomie – ein Überblick

Für den Wandel in Richtung Nachhaltigkeit muss viel Geld investiert werden. Die OECD schätzt, dass weltweit jährlich rund 6,35 Billionen Euro nötig wären, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Das können die Staatskassen nicht alleine stemmen, es braucht private Investitionen. Aus diesen Erkenntnissen heraus ist der EU-Aktionsplan mit zehn Maßnahmen entstanden, um privates Kapital für nachhaltige Aktivitäten zu mobilisieren. Unter diese Maßnahmen fällt auch die Einführung eines Klassifikationssystems für nachhaltige Tätigkeiten – der sogenannten EU-Taxonomie und darauf aufbauend die Einführung eines EU-Ecolabels für Finanzprodukte. Mit Hilfe der EU-Taxonomie wird definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten. Dadurch soll Greenwashing vermieden werden. Für Immobilien bietet die EU-Taxonomie ein Klassifizierungssystem für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Als Instrument hilft die Taxonomie Investoren, Unternehmen und Projektträger die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens umzusetzen. Immobilien, die positiv nach klimaaktiv, dem Gebäudebewertungssystem des Klimaschutzministeriums, bewertet werden, entsprechen schon jetzt in weiten Teilen und vor allem im Bereich Energieeffizienz und Reduktion der Treibhausgasemissionen den EU-Taxonomie Anforderungen.

Die EU-Taxonomie-Verordnung (oder genauer: die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen) wurde im Dezember 2019 politisch beschlossen und trat mit Juli 2020 in Kraft.

Die EU-Taxonomie definiert ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten als solche, die

  • einen substanziellen Beitrag zu einem von sechs definierten Umweltzielen leisten; und
  • keinen signifikanten Schaden („do no significant harm“ (DNSH)) bei den anderen fünf definierten Umweltzielen verursachen; und
  • ein Mindestmaß an Schutzmaßnahmen erfüllen (z.B. die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte)

Mit Hilfe der EU-Taxonomie wird definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten. Die Taxonomie beinhaltet sechs Umweltziele: Klimaschutz, Klimawandelanpassung, Wasser, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung und Ökosysteme. Die Verordnung bildet dabei das Rahmenwerk, detaillierte technische Kriterien werden im Wege delegierter Rechtsakte von der Europäischen Kommission erlassen. Im März 2020 veröffentlichte eine technische ExpertInnenkommission einen Bericht mit finalen Empfehlungen betreffend dieser technischen Kriterien für die EU-Kommission (inkl. Leitfaden für zukünftige NutzerInnen der Taxonomie (Taxonomy: Final report) / Taxonomy Report. Technical Annex). Im April 2021 wurden die finalen Kriterien für Klimaschutz und Klimawandelanpassung von der Europäischen Kommission  veröffentlicht. Diese technischen Kriterien für die jeweiligen Umweltziele treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft.

  • Klimaschutz (2022)
  • Anpassung an den Klimawandel (2022)
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen (2023)
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling (2023)
  • Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung (2023)
  • Schutz gesunder Ökosysteme (2023)

D.h. im ersten Schritt besteht die Taxonomie nur für die Umweltziele Klimaschutz und Klimawandelanpassung.

Was bedeutet die EU- Taxonomie für Immobilien?

Mit der EU-Taxonomie liegt ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Immobilien vor. Damit wurde ein Instrument geschaffen, das Investoren, Unternehmen und Projektträgern dabei hilft, ihre Immobilien bzw. wirtschaftlichen Aktivitäten an den Kriterien der Nachhaltigkeit auszurichten. 

Aus dem vom 21. April 2021 veröffentlichten delegierten Rechtsakt liegen für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Immobilien – Neubau oder Sanierung – folgende Kriterien unter denen eine wirtschaftliche Tätigkeit als wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz gilt, und zur Bestimmung, ob diese wirtschaftliche Tätigkeit keine signifikante Beeinträchtigung eines der anderen Umweltziele verursacht, vor. Die folgende Tabelle bietet einen Überblick der beschriebenen Kriterien für Immobilien anhand des von der Europäischen Kommission am 21. April veröffentlichten delegierten Rechtsaktes (Annex 1, 2021).1

Was bedeutet die EU-Taxonomie im Rahmen der klimaaktiv Gebäudebewertung?

Der klimaaktiv Gebäudestandard des Klimaschutzministeriums legt einen besonderen Wert auf Energieeffizienz und Treibhausgasneutralität und bietet damit schon jetzt eine weitgehende Kompatibilität und Überprüfungsmöglichkeit von Immobilien mit den Anforderungen der EU-Taxonomie. Denn die klimaaktiv Anforderungen an die Energieeffizienz sind schon im Mindeststandard sehr anspruchsvoll und es gibt klare Grenzwerte beim Heizwärmebedarf, für Treibhausgas-Emissionen und Primärenergiebedarf (Mitigation Criteria). Im Jahr 2020 wurde endgültig der Ausstieg aus Öl und Gasheizungen bei klimaaktiv Gebäuden vollzogen, Themen wie Klimawandelanpassung und Speicherfähigkeit von Gebäuden wurden zusätzlich aufgenommen und er beinhaltet auch Kriterien zur Verwendung gesundheitlich unbedenklicher Materialien, tatsächlich umweltzertifizierte Produkte und dergleichen.

Warum klimaaktiv Gebäude schon jetzt den EU-Taxonomie Anforderungen vielfach entsprechen

Von zentraler Bedeutung für alle Bauschaffenden ist die Bereitstellung einer inhaltlich gesicherten, messbaren und transparenten Qualität. Der klimaaktiv Gebäudestandard ist dazu ein gut am Markt etabliertes Instrument, welches laufend weiterentwickelt wird. Die Qualitätskriterien sind nach dem Open Source Prinzip für alle Interessierten frei und kostenlos verfügbar. Jedes klimaaktiv Gebäude wird mit den wesentlichen Kennwerten veröffentlicht.

  • Muss-Kriterien und Einstiegsniveaus: Der Gebäudestandard von klimaaktiv definiert Muss-Kriterien. Jedes dieser Muss-Kriterien ist mit einem klaren Anforderungswert (Einstiegniveau) definiert.
  • Höchste Energieeffizienz und geringe Treibhausgasemissionen sind zentrale Kriterien: Mit dem klimaaktiv Gebäudestandard werden klare Anforderungswerte an den Heizwärmebedarf (HWBRef,RK), den gesamthaften Primärenergiebedarf (PEBSK), die äquivalenten Treibhausgasemissionen (CO2eq,SK), den Gesamtenergieeffizienzfaktor (fGEE,RK) sowie bei Nichtwohnbauten den außeninduzierten Kühlbedarf (KB*RK) definiert, welche die baurechtlichen Mindeststandards deutlich unterschreiten. Sämtliche klimaaktiv Anforderungswerte sind um rund 25 Prozent ambitionierter als die derzeit gesetzlichen Standards lt. OIB RL 6, 2019, bezogen auf die dort angeführten Anforderungswerte wie HWBREF,RK und fGEE, damit ist für die Einhaltung der kommenden EU-Anforderungen gemäß EU Taxonomie für ein nachhaltiges Finanzwesen bei klimaaktiv Gebäuden auszugehen.4
  • Keine fossilen Energieträger bei klimaaktiv Gebäuden:  Kohle, Öl- und Gasheizungen sind in klimaaktiv im Neubau generell sowie in Sanierungen mit Austausch des Wärmeerzeugers ab 2020 grundsätzlich nicht mehr zulässig.

Neben den klaren Energieanforderungswerten bei klimaaktiv werden auch viele weitere Qualitäten einer Immobilie bewertet. Dies trägt wesentlich dazu bei, dass klimaaktiv ein umfassendes Gebäudebewertungssystem im Sinne der Nachhaltigkeit ist.  

  • Anforderungen an Infrastruktur und umweltfreundliche Mobilität: Die Infrastruktur in Standortnähe und Maßnahmen zur Unterstützung klimaverträglicher Mobilität werden im Kriterienkatalog bewertet.
  • Klimawandelanpassung, Netzdienlichkeit und Speicherfähigkeit sowie Kreislauffähigkeit von Baustoffen bis hin zu Komfortthemen im Sommer wie auch im Winter sind zentrale Themen für klimaneutrale Gebäude.
  • Der Einsatz von umweltfreundlichen Produkten wird belohnt: Diese Kriterien befassen sich vorrangig mit den Umweltauswirkungen des Bauens. Der Einsatz von klimaschädlichen Baustoffen ist in klimaaktiv Gebäuden nicht zulässig.
  • Qualitätssicherung in der Bauausführung als Muss-Kriterien: klimaaktiv legt Mindestanforderungen an das Energieverbrauchsmonitoring fest (für Gebäude ab 1.000m² BGF). Luftdichtigkeitstests sind verpflichtend durchzuführen und eine Innenraumluftmessung ist ab 2.000m² BGF verpflichtend durchzuführen.

Darüber hinaus werden in den DNSH-Kriterien (Do no significant harm assessment) Anforderungen definiert, die aktuell bei der klimaaktiv Gebäudebewertung nicht abgefragt werden bzw. im Gebäudestandard keine unmittelbare Rolle in der Gebäudebewertung spielen. Darunter fällt z.B. der Punkt (2) Klimawandelanpassung oder (5) Pollution oder Teile von (6) Biodiversität. Andere genannte Kriterien aus dem DNSH Bereich werden im Rahmen des klimaaktiv Gebäudestandards zwar bewertet, sind aber weniger streng oder kein Muss-Kriterium. Das sind z.B. (4) Circular Economy oder aus (6) Biodiversität: FSC/PEFC-Nachweise von Holzprodukten. In diesem Fall wird die klimaaktiv Gebäudedeklaration im Jahr 2021 soweit als möglich angepasst bzw. eine entsprechende Abfrage ermöglicht.

Wie geht es weiter bei klimaaktiv?

Der veröffentlichte delegierte Rechtsakt macht klar, dass die Überprüfung der Taxonomiekonformität im Rahmen der klimaaktiv Gebäudebewertung weitgehend umsetzbar sein wird und viele der geforderten Qualitäten bereits durch die Mindestanforderungen von klimaaktiv abgedeckt sein werden: Kriterien wie Unterschreitung der nationalen Energieanforderungen, Wassereinsparung, Verwendung gesundheitlich unbedenklicher Materialien, tatsächlich umweltzertifizierte Produkte und dergleichen finden sich bereits jetzt im klimaaktiv-System. Liegen die finalen Bestimmungen zu den Anforderungen an den Gebäudesektor aus der EU-Taxonomie vor, wird im Rahmen der klimaaktiv Gebäudebewertung ein "Taxonomie-Check" eingeführt. Damit schaffen wir für Bauträger und Immobilieninvestoren einen klaren Benefit.

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1 Implementing and delegated acts | European Commission (europa.eu)

2 Wie in den geltenden nationalen und regionalen Bauvorschriften für "größere Renovierungen" zur Umsetzung der Richtlinie 2010/31/EU festgelegt. Die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes oder des renovierten Teils, der nachgerüstet wird, erfüllt kostenoptimale Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz gemäß der jeweiligen Richtlinie

3 Der anfängliche Primärenergiebedarf und die geschätzte Verbesserung basieren auf einer detaillierten Gebäudeuntersuchung, einem von einem akkreditierten unabhängigen Experten durchgeführten Energieaudit oder einer anderen transparenten und verhältnismäßigen Methode, die durch einen Energieausweis validiert wird. Die 30 %ige Verbesserung ergibt sich aus einer tatsächlichen Verringerung des Primärenergiebedarfs (wobei die Verringerungen des Nettoprimärenergiebedarfs durch erneuerbare Energiequellen nicht berücksichtigt werden) und kann durch eine Reihe von Maßnahmen innerhalb von maximal drei Jahren erreicht werden.

Zu beachten ist, dass in der OIB RL 6, 2019 keine Anforderungen an den Primärenergiebedarf definiert sind. Die Grenzwerte für den Primärenergiebedarf sind im nationalen Plan 2018 definiert, allerdings dort nur für den PEBHEB,zul,n.ern. (Primärenergiebedarf, nicht erneuerbar; im Sinne der RL 2010/31/EU (EPBD)), d.h. ohne Haushaltstrombedarf und für hocheffiziente alternative Energiesysteme, wobei auch Erträge, die zur Reduktion des Haushaltsstrombedarfs erwirtschaftet werden, begrenzt anrechenbar sind.

Veröffentlicht am 24.02.2021